Weiter „enorme Gefahr“ auf Sprengplatz: Zeitbombe Grunewald

Dichte Rauchwolken stiegen am Donnerstag aus dem Grunewald auf. Mehrere Hektar Wald sind inzwischen ein Raub der Flammen geworden

Dichte Rauchwolken stiegen am Donnerstag aus dem Grunewald auf. Mehrere Hektar Wald sind inzwischen ein Raub der Flammen geworden

Foto: -/dpa
Von: Sabine Klier

Die Berliner Feuerwehr ist vorsichtig. Trotz erster Wirkung der Löschmaßnahmen bleibt der Brand im Grunewald eine „enorme Gefahr“. Die seit Ausbruch des Feuers bestehende Sicherheitszone von 1000 Metern um das Gelände bleibt bestehen.

Berlin – BILD dokumentiert das Flammen-Drama um den Sprengplatz.

Vorweg die guten Nachrichten: Die Feuerwerker und Experten vor Ort sind schon einen ersten Ermittlungsschritt weiter in Sachen Ursachenforschung! Susanne Bauer vom LKA und Leiterin der Abteilung des Kriminaltechnischen Instituts zu BILD: „Wir wissen, wo der erste Knall war, aber nicht, ob es die Ausbruchsstelle war.“ Nach wie vor unklar ist, was das Feuer ausgelöst hat.

Zudem ist seit Samstag um 15 Uhr der Bahnverkehr mit S-Bahn und Fernbahn entlang der Avus wieder freigegeben. Mit gedrosselter Geschwindigkeit fuhr zuerst eine S-Bahn im Leerbetrieb über die Schienen. „Wir fahren im Sichtbetrieb“, erklärte Notfallmanager Andreas Schornheim von der Deutschen Bahn.

Während der Bahnverkehr am Samstag wieder freigegeben werden konnte, muss die Autobahn in Höhe des Grunewalds weiterhin gesperrt bleiben

Während der Bahnverkehr am Samstag wieder freigegeben werden konnte, muss die Autobahn in Höhe des Grunewalds weiterhin gesperrt bleiben

Foto: Olaf Selchow

„Wir suchen nach Fremdkörpern, die durch die Explosionen dorthin geschleudert sein könnten.“ Auch wenn die Bahnen wieder fahren, die Gefahr am Sprengplatz im Grunewald ist noch nicht gebannt. Daher bleibt die Avus weiterhin gesperrt.

► Auch am Samstag waren wieder 100 Einsatzkräfte der Berliner Feuerwehr, Polizei und des Technischen Hilfswerks im Einsatz. Als einziges Löschfahrzeug durfte der Spezialpanzer einer Privatfirma in den Sperrkreis hinein, wässerte die immer wieder auflodernden Brandherde außerhalb des Sprengplatzes.

Wasserwerfer der Polizei und Feuerwehrlöschzüge bewässern die weiträumig geschlagene Schneise um den Sprengplatz

Wasserwerfer der Polizei und Feuerwehrlöschzüge bewässern die weiträumig geschlagene Schneise um den Sprengplatz

Foto: Britta Pedersen/dpa

„Enorme Gefahr“ auf Sprengplatz

„Es gibt weiterhin drei Hotspots, von denen enorme Gefahr ausgeht“, sagte Thomas Kirstein, Sprecher der Berliner Feuerwehr. „Deswegen können wir noch keine Einsatzkräfte auf den Sprengplatz schicken. Dort liegen 25 Tonnen Munition, Feuerwerkskörper und Kampfmittel in einem Zwischenlager.“

Immerhin zeigen die seit Freitag stattfindenden Lösch- und Kühlmaßnahmen der 800 Grad heißen Hotspots erste Erfolge. Mittels Drohnen wird immer wieder die Temperatur gemessen. „Bei den Objekten misst sie inzwischen 55 Grad“, so Kirstein zu BILD.

Grunewald steht in FlammenHunderte Explosionen in Berlin

Quelle: Spreepicture / Twitter@Schwammkules

Doch er warnte: „Es ist weiterhin hochgefährlich, in dieses Gebiet hineinzugehen. Deshalb bleibt der Sperrkreis von einem Kilometer erhalten.“

Trotzdem kamen am Sonnabend immer wieder leichtsinnige Fahrradfahrer auf dem Waldweg angefahren. Die Touristen Rosario aus Mexiko und Patricia aus Spanien bekamen einen riesigen Schrecken, als sie am Hüttenweg plötzlich vor dem Polizei- und Feuerwehr-Aufgebot standen. „Wir wollten mit den Rädern nach Babelsberg. Von dem Brand wussten wir nichts.“ Rentner Hans (72) kam ebenfalls angeradelt: „Ich wollte mir ein Bild der Lage machen.“

Rosario und Patricia wollten nach Babelsberg radeln

Rosario und Patricia wollten nach Babelsberg radeln

Foto: Olaf Selchow

Sprengmeister erstmals mit Panzer auf Sprengplatz

Am Nachmittag verkündet LKA-Mitarbeiterin Bauer den nächsten Fortschritt: „Wir gehen jetzt das erste Mal auf den Sprengplatz.“ Dafür sind Sprengmeister Dietmar Püpke (58) und sein Team zuständig, die da nicht zu Fuß reingehen, sondern im Fuchspanzer reinrollen. „Dabei wird geklärt, was auf dem Weg liegt, um dann dort den Löschroboter reinzuschicken. Dann wird die Lage neu bewertet.“

Sprengmeister Dietmar Püpke (58) bewertet die Gefahrenlage auf dem Gelände

Sprengmeister Dietmar Püpke (58) bewertet die Gefahrenlage auf dem Gelände

Foto: Olaf Selchow

Wann die Avus wieder befahrbar sein wird, konnte am Samstag noch niemand sagen. „Wir sind noch nicht so weit“, sagte Feuerwehr-Chef Karsten Homrighausen.

Immer mehr Kritik an Sprengplatz-Standort

Immer lauter wird die Kritik, was den Standort des Berliner Sprengplatzes betrifft. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er nötig geworden, da die Stadt übersät war mit Blindgängern, Granaten, Munition. 1950 war er von den Alliierten im Grunewald offiziell eingerichtet worden. Davor gab es auch noch Sprengplätze in Marzahn und Wilmersdorf.

Seitdem wird in Berlin nahezu täglich Munition aus dem Boden geborgen und in mehr als 900 Fahrten jährlich in den Grunewald gebracht. Zweimal im Jahr, jeweils im Frühjahr und Herbst (außerhalb dieser Jahreszeiten ist es zu trocken, die Brandgefahr zu hoch), wird gesprengt, um das hochexplosive Gefahrgut unschädlich zu machen. Auch illegale Pyrotechnik wird so entsorgt. Das ist auch der Grund, weshalb sich dort aktuell mit 25 Tonnen sehr viel Munition befand.

Berlin ist so dicht besiedelt, dass es in der Stadt keinen Alternativstandort gibt. Versuche seitens des Senats, im Umland einen geeigneten Sprengplatz zu finden, waren von der brandenburgischen Landesregierung bisher immer auf Ablehnung gestoßen.

Dabei hat unser Nachbarland auch mit den gefährlichen Überresten des Krieges zu kämpfen. Der Brandenburger Waldboden soll nach Schätzung des Landesinnenministeriums noch zu 12 Prozent munitionsbelastet sein …

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