Sehnsucht ist größer als Angst vor Bomben: Schulferien bei Papa im Krieg

Mutter Julia begleitet ihre Kinder im Bus in die Ukraine, fährt danach direkt wieder zurück nach Berlin

Mutter Julia begleitet ihre Kinder im Bus in die Ukraine, fährt danach direkt wieder zurück nach Berlin

Foto: Olaf Selchow
Von: Sara Orlos fernandes

Berlin – Während andere Kinder den Sommer in Berlin genießen, hatten Alisa (7) und Tima (14) nur einen Wunsch: ihren Vater wiedersehen.

Seit dem 4. März gibt es Papa für sie nur noch auf dem Bildschirm. Denn an diesem Tag verließen sie gemeinsam mit Mama Julia ihre ukrainische Heimat und flüchteten nach Berlin.

Doch Vater Yury mussten sie zurücklassen. Er arbeitet seit Kriegsausbruch in Kiew für das Militär, darf deshalb die Ukraine nicht verlassen. Aus gesundheitlichen Gründen steht er aber nicht an der Front.

Nach 14 Stunden Fahrt kommen Alisa und Tima mit dem Flixbus in Lwiw an und fallen ihrem Vater Yury in die Arme

Nach 14 Stunden Fahrt kommen Alisa und Tima mit dem Flixbus in Lwiw an und fallen ihrem Vater Yury in die Arme

Foto: Privat

Damit sie sich endlich wieder in die Arme schließen können, steigt Julia Lysychenko (36) vorletzte Woche mit ihren beiden Kindern in den Fernbus und fährt vom Zentralen Omnibusbahnhof in Westend 14 Stunden ins westukrainische Lwiw, 70 km von der polnischen Grenze entfernt.

Die Mutter: „Facetime ist nicht das gleiche wie eine Umarmung. Mein Ex-Mann darf nicht aus der Ukraine raus, also muss ich die Kinder zu ihm bringen.“

Nach fünf Monaten hat Alisa ihren Papa endlich wieder. Ihr Bruder und sie sind mit ihm nach Kiew gefahren

Nach fünf Monaten hat Alisa ihren Papa endlich wieder. Ihr Bruder und sie sind mit ihm nach Kiew gefahren

Foto: Privat

Am nächsten Tag um 8 Uhr morgens in Lwiw angekommen, ist die Freude bei Alisa und Tima riesig: Sie lassen Koffer und Taschen fallen und rennen ihrem Vater Yury in die Arme. Nach fünf Monaten ist die Familie wieder vereint!

Mama Julia bleibt aber nur kurz: Sie sucht in ihrer neuen Heimat in Steglitz einen Job als Buchführerin, hat in den kommenden Tagen Bewerbungsgespräche. Deshalb fährt sie direkt wieder zurück nach Berlin – die Kinder sind sicher abgeliefert.

So sicher man in einem Land, in dem Putins Krieg tobt, eben sein kann: „Klar weiß ich, dass es drüben nicht sicher ist. Aber wo ist man heutzutage schon sicher“, sagt die Ukrainerin.

Die Angst vor den Bomben ist zwar groß, doch die Sehnsucht noch größer. Julia: „Das Risiko ist permanent da, aber das Leben muss weitergehen.“

Das hat die Familie bereits 2014 gelernt, als sie aus ihrer Heimatstadt Donezk in der Ostukraine fliehen musste. Auch aus ihrer Wahlheimat Kiew wurden sie jetzt von Bomben vertrieben.

Alisa springt ihrem Vater mit Anlauf in die Arme – endlich wiedervereint!

Alisa springt ihrem Vater mit Anlauf in die Arme – endlich wiedervereint!

Foto: Privat

Für die Kinder geht es von Lwiw aus mit Papa Yury noch sieben Stunden weiter in die Hauptstadt Kiew. Und dann gibt es erst mal Essen auf einer Restaurant-Terrasse – ein Stück Normalität.

Drei Wochen bleiben die Kinder in der Ukraine und freuen sich über die gemeinsame Zeit. Am 19. August holt ihre Mutter sie wieder aus Lwiw ab. Dann beginnt die Schule und das Hoffen auf ein Wiedersehen mit ihrem Vater.

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