Gutachterin enthüllt schockierende Details: Todespflegerin wollte schon vor dem Vierfach-Mord töten

Die Angeklagte im Gerichtssaal (Archivfoto)

Die Angeklagte im Gerichtssaal (Archivfoto)

Foto: CARSTEN KOALL/AFP
Von: Michael Sauerbier

Potsdam – Fürsorglich, liebevoll, mütterlich. So hatten Kolleginnen und Angehörige Ines R. (52) im Gericht beschrieben. Alles nur Fassade, sagt nun die psychiatrische Gutachterin. Schon vor den grausamen Morden im Potsdamer Oberlinheim am Abend des 28. April dieses Jahres – vier Bewohner im Alter zwischen 31 und 56 Jahren starben – habe die Pflegehelferin eine Patientin töten wollen.

„Vor einer Woche bin ich zum ersten Mal auf den Gedanken gekommen, eine Bewohnerin zu vergiften“, hatte Ines R. nach ihrer Festnahme in der Gerichts-Psychiatrie erklärt, „mit einer großen Menge Medikamente.“ Für die Berliner Psychiaterin Cornelia Mikolaiczyk (50) ein Hinweis, dass die Todespflegerin ihre Taten geplant hat.

Zweimal hat die Sachverständige stundenlang mit Ines R. gesprochen. Alle Arztberichte gelesen, Zeugen im Gericht befragt.

In ihrem Gutachten zeichnete die Sachverständige am Donnerstag ein erschreckendes Bild von Ines R.: Ichbezogen und ohne Mitgefühl habe sie die Angeklagte erlebt, „zynisch, sarkastisch, außer Rand und Band“.

Mordfantasien gegen eigene Mutter und Sohn

Seit ihrer Jugend habe Ines R. Gewalt- und Mordfantasien gehabt. Erst gegen ihre Mutter, von der sie nicht geliebt wurde. Dann gegen ihren schwerbehinderten Sohn.

„Nicht, um ihn zu erlösen, sondern um ihre Probleme zu lösen“, so die Gutachterin. Ab 2012 habe die Pflegerin daran gedacht, ihre Schützlinge umzubringen. Doch mit psychiatrischer Behandlung und Medikamenten bekam sie „ihre Dämonen“ angeblich in den Griff.

Nach der Tat wurden viele Blumen vor dem Oberlinhaus abgelegt

Nach der Tat wurden viele Blumen vor dem Oberlinhaus abgelegt

Foto: Soeren Stache/dpa

Gewalt richtete Ines R. stets nur gegen sich, bei mehreren Suizidversuchen. Erst am Abend des 28. April habe sie die Kontrolle verloren. Eine „Explosion“, sagte die Gutachterin. Laut Anklage wollte Ines R. die Schwerstbehinderten zunächst erwürgen. Am Tatabend zwischen 19 und 20 Uhr habe sie den ersten beiden Opfern die Kehlen zugedrückt. Doch die beiden überlebten diesen Angriff.

„Der grinst so frech und lebt noch“

Nach der Festnahme habe die Pflegerin Psychiatrie-Patienten und Mitarbeitern ihre Tat ausführlich geschildert. Wie sie in die Zimmer der ersten beiden Bewohner ging und sie würgte, wie „anstrengend“ das war.

Beim Blick zurück ins Zimmer von Opfer Christian S. habe sie festgestellt: „Der grinst so frech und lebt noch!“

Das war der Auslöser, um das Messer zu holen, so die Gutachterin. Vier Bewohner starben qualvoll. Eine weitere Bewohnerin (43) überlebte schwer verletzt nach einer Notoperation.

Die Gutachterin schilderte, dass Ines R. ihr über die Tat berichtet habe: „Ein Schnitt – und die Leute seien tot gewesen. Nichts sei ihr da durch den Kopf gegangen. Wenn sie mitbekommen hätte, was sie getan hat, hätte sie sich das Messer selbst durch die Kehle gezogen.“

Stimmt diese Behauptung?

Keine Reue, kein Mitgefühl

Denn nach ihrer Verhaftung hatte die Todespflegerin in der Psychiatrie gesagt: Sie habe gewusst, was sie tat. Sie habe keine Reue gespürt. Nur ein Gefühl von Wut und Kontrolllosigkeit. „Sie hat eine Grenze überschritten, ihre Aggression hat sich nach außen gewandt“, so die Gutachterin. „Diese Neigung besteht fort, kann sich noch steigern.“

Ein Polizeiauto nach der Tat neben dem Oberlinhaus

Ein Polizeiauto nach der Tat neben dem Oberlinhaus

Foto: picture alliance / Pacific Press

Zweimal griff Ines R. in der Psycho-Klinik einen Oberarzt an, verletzte sich auch selbst. In einem sogenannten Krisenzimmer musste sie ans Bett gefesselt werden. „So einen kranken Kopf könnte man doch nur auf den Müll schmeißen“, sagte sie der Psychiaterin. Dr. Mikolaiczik: „Eine Entschuldigung oder Reue hat Frau R. in Einzelgesprächen abgelehnt. Da muss noch viel passieren ...“

Das Gutachten kommt zu dem Schluss: Ines R. war nicht schuldunfähig, als sie die Behinderten tötete, ihre „Steuerungsfähigkeit“ nur stark vermindert. Ist auch das Gericht dieser Meinung, erwartet die Todespflegerin eine lange Haftstrafe.

Fortsetzung Freitag.

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