55-Jährige muss für Mordversuch ins Gefängnis: Michaela mischte Geliebtem Rattengift in die Cola

Von: Anne Losensky

Sie gab ihrem Geliebten Rattengift. Erst aus Liebe, dann aus Hass. ER überlebte, ist aber heute schwerbehindert. Für diesen Mordversuch muss SIE jetzt zehneinhalb Jahre ins Gefängnis.

Berlin – Michaela P. (55) ist alleinerziehend, hat drei Kinder. 1995 verliebte sie sich in den sieben Jahre jüngeren Mann Tayfur C. (48). Er ist extrem eifersüchtig. Auch handgreiflich ihr gegenüber (zwei Haftstrafen wegen Körperverletzung und Nötigung). Über Jahre sind sie mal zusammen, mal nicht und dann wieder.

Michaela kann nicht von ihm lassen: „Er war die große Liebe.“ Sie besucht ihn sogar noch im Gefängnis und ist nach seiner Haft weiter mit ihm zusammen. Nur tauschen sie jetzt die Rollen: Fortan ist sie diejenige, die besitzergreifend ist und ihn kontrolliert. 2017 entdeckt sie eine Kontaktanzeige: Er sucht eine Neue. Tayfur: „Ich wollte mich damals von ihr lösen.“

Michaela sei „davon besessen gewesen, die Beziehung um jeden Preis aufrechtzuerhalten“, sagt die Richterin im Urteil: „Auch um den Preis seiner Gesundheit.“

Denn sie verabreichte dem Mann Thalliumsulfat - besser bekannt als Rattengift.

Ihr Freund fühlt sich schlecht. Übelkeit, Erbrechen, Muskellähmung. Tayfur kann nicht mehr laufen, verliert 20 Kilo. Die Haare fallen aus, er hat extreme Schmerzen. Eine Odyssee durch sechs Krankenhäuser beginnt, die Ärzte sind ratlos.

Michaela spielt die Rolle der verzweifelten Geliebten. Siebeneinhalb Wochen lässt sie ihn leiden. Dann gibt sie den Tip: „Kann es eine Schwermetallvergiftung sein?“ Die Ärzte winken ab: „Alles psychosomatisch.“ Ein befreundeter Arzt nimmt heimlich eine Blutprobe, ein Privatlabor kommt zum Ergebnis: Es ist Thallium!

Tayfur C. (48) ist durch die Vergiftungen schwerbehindert und damit erwerbsunfähig, er muss an einer Krücke laufen

Tayfur C. (48) ist durch die Vergiftungen schwerbehindert und damit erwerbsunfähig, er muss an einer Krücke laufen

Foto: Olaf Wagner

Der ahnungslose Tayfur ist ihr unendlich dankbar. Die Richterin: „Niemals hätte er geglaubt, dass sie es war, die ihm das Rattengift gegeben hatte.“ Er wird gesund. Ein Ermittlungsverfahren wegen der Vergiftung eingestellt.

Michaela P. fordert, „bis in den Tod“ zusammen zu sein mit ihm. Er verspricht ihr alles, was sie will. „Doch was die letzten 22 Jahre nicht funktionierte, funktioniert auch jetzt nicht auf Dauer“, sagt die Richterin. Tayfur wirft sie schließlich raus. Das hält sie aber nicht zurück: Michaela verfolgt ihn. Klemmt sogar einen GPS-Tracker unter seinen Motorroller. Aber er kommt nicht zurück zu ihr. Die Richterin: „Irgendwann fasste sie dann den Entschluss, ihn zu töten.“ Sie plant alles akribisch.

Die Tat

Der 14. Juni 2020 ist ein sehr heißer Tag. Die Alleinerziehende mischt ihm unbemerkt Rattengift in eine Cola light, die er in einem Neuköllner Lokal bestellt. Die Richterin: „Mit dieser Menge hätte man ihn dreimal umbringen können!“ Aber sie hat nur einen Strohhalm zum Umrühren, bevor das Glas serviert wird.

Tayfur trinkt fast alles aus. Es knirscht zwischen den Zähnen. Am Glasboden sieht er Kristalle und kippt den Rest der Cola auf eine Serviette: Da liegen die Kristalle und funkeln. Zucker ist es nicht. Er wählt 110.

Angeklagte sagt bis heute nicht, woher sie das Gift hatte

Einmal bestellte Michaela P. zehn Gramm Thalliumsulfat für 44 Euro in Warschau an die Geschäftsadresse ihrer Eisdiele. Das kam den Polen verdächtig vor: Lieferung abgelehnt. Nach der Verhaftung wurden acht Handtaschen von ihr ausgesaugt. In allen fanden sich giftige Anhaftungen. Sie muss das Gift mit sich herumgetragen haben.

Ihr Opfer ist heute Erwerbsunfähigkeits-Rentner. Läuft mit Orthesen an Krücken und hat irreversible Nervenschäden.

Im Prozess gab Michaela P. nur das mit der vergifteten Cola zu: „Aber töten wollte ich nicht!“ Den ersten Vergiftungsversuch bestreitet sie.

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