Gewalt gegen „Querdenker“?: Berliner Polizei weist Kritik von UN-Experte zurück

Polizisten ringen einen Demonstranten nieder

Polizisten ringen einen Demonstranten nieder

Foto: Fabian Sommer/dpa

Es waren unschöne Szenen von Gewalt in der Hauptstadt: Sogenannte „Querdenker“ gegen Polizisten, Polizisten gegen „Querdenker“. Fast 1000 Demonstranten wurden festgenommen, 75 Polizeikräfte bei dem Einsatz rund um die verbotene Demo vor einer Woche verletzt.

Berlin – Die Berliner Polizei hat Kritik eines Experten der Vereinten Nationen (UN) an ihrem auch gewaltsamen Vorgehen bei unerlaubten Versammlungen gegen die Corona-Politik vor einer Woche zurückgewiesen.

Der UN-Sonderberichterstatter für Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, Nils Melzer, untersucht Vorwürfe übermäßiger Gewalt der Polizei gegen Demonstranten und will die Bundesregierung um Stellungnahme bitten.

Die Polizei nimmt bei der verbotenen Querdenker-Demo eine Frau fest

Die Polizei nimmt bei der verbotenen „Querdenker“-Demo eine Frau fest

Foto: Fabian Sommer/dpa

Womöglich seien Menschenrechtsverletzungen begangen worden, so der Ermittler. Bei einer Demonstration mit Tausenden Menschen, die angeordnete Maßnahmen ignorierten aber nicht gewalttätig seien, müsse anders reagiert werden.

„Das ist ein Kommunikations-, kein Gewaltproblem. Da ist eine gepanzerte Polizeitruppe vielleicht nicht die richtige Antwort.

„Möglicherweise Menschenrechtsverletzungen begangen“

„Es sind einige Videos verbreitet worden, die Besorgnis erregend sind“, sagte Melzer. „Die Hinweise sind stark genug, dass möglicherweise Menschenrechtsverletzungen begangen wurden.“ Er habe bereits mit Augenzeugen gesprochen. Es gehe nach erstem Augenschein womöglich um ein Dutzend Vorfälle.

Der UN-Sonderberichterstatter hat sonst mit Polizeigewalt etwa in Hongkong oder Belarus zu tun. „Deutschland ist kein großer Kunde bei mir“, sagte er.

Melzer verweist etwa auf ein Video, in dem ein Polizist eine Frau am Hals packt und zu Boden stößt. „Die hätte sterben können“, sagt Melzer. Von der Frau sei keine Gefahr ausgegangen, aber der Beamte habe eine Technik der Selbstverteidigung angewendet, statt schlicht eine Ordnungswidrigkeit zu verhindern.

Auf anderen Videos sei ein Mann zu sehen, der blutig geschlagen wurde, obwohl er in Handschellen am Boden lag, oder jemand, der von hinten vom Fahrrad gerissen wurde.

Das sagt die Berliner Polizei

Die Berliner Polizei begrüßte, dass Melzer vor einer endgültigen Bewertung alle beteiligten Parteien hören wolle.

„Unmittelbarer Zwang ist Gewalt, Gewalt schmerzt, Gewalt verletzt, Gewalt sieht gewalttätig aus“, erklärte Polizeisprecher Thilo Cablitz auf dpa-Anfrage. „Unmittelbarer Zwang auch mit all seinen Bildern ist dennoch Teil unseres Rechtssystems.“

Mehrere Demomstranten wurden weggetragen

Mehrere Demonstranten wurden weggetragen

Foto: Fabian Sommer/dpa

Zwangsmaßnahmen seien erst wegen fehlender Kommunikationsbereitschaft der Protestierenden, fortwährender Verstöße gegen Versammlungsverbote und die Infektionsschutzverordnung, der Missachtung polizeilicher Weisungen und Angriffen auf Einsatzkräfte erforderlich gewesen.

Die Berliner Polizei setze bei solchen Einsätzen immer zuerst auf Kommunikation mit Demonstranten, etwa durch Lautsprecherdurchsagen, direkte Ansprache oder Social-Media-Kanäle, sagte Cablitz. Am vergangenen Sonntag habe das aufgrund des Aggressions- und Gewaltpotenzials von Demonstranten nicht gefruchtet.

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