Prozess nach Geldtransporter-Überfall am Ku’damm: Koks-Nase überführt Müllmann-Gangster
Vier als Müllmänner verkleidete, maskierte Gangster erbeuteten bei dem spektakulären Überfall auf einen Geldtransporter am Kudamm 648 500 Euro, ein fünfter Gangster steuerte den Fluchtwagen. Drei der vier Räuber sind bis heute unbekannt.
Berlin – Den Vierten überführte seine tropfende Kokain-Nase: Muhamed Remo (31), Vollbart schwergewichtig, dreifacher Familienvater, Neffe von Clan-Chef Issa Remmo (55). Am Donnerstag begann sein Prozess.
Vorwurf: Schwerer Raub und gefährliche Körperverletzung. Mit einem überraschenden Geständnis: „Die Tatvorwürfe treffen vollumfänglich zu.“
Und dann lässt er sich über seinen Anwalt ein, wie es dazu kam.
Geldtransporter-ÜberfallAugenzeugen filmten die „Müllmann“-Bande!
Nur 16 Tage vorher war er wegen Verkehrsgefährdung zu einem Jahr Haft verurteilt, aber entlassen worden. Der Angeklagte: „Ich hatte mir viel vorgenommen.“
Doch die sieben Monate Untersuchungshaft und die kriselnde Beziehung zur Ehefrau, dazu 40 000 Euro Schulden … Das alles hätte ihm so zugesetzt, dass er sich wieder mit Alkohol und Drogen „abschoss“.
Zwei Tage vor der Tat vom 19. Februar 2021 habe ihn ein Bekannter angesprochen – 100 000 Euro seien für ihn drin. Insgesamt hofften sie auf 1 Million.
Der Angeklagte: „Ich ließ mich überreden.“ In der Nacht davor habe er vor Aufregung getrunken und gekokst, am Morgen „zum Runterkommen“ Tilidin geschluckt.
Geldtransporteur Karsten S. (60): „Wir waren gerade beim Ausladen der Geldkassetten. Als drei Männer in BSR-Anzügen hinter unserem Auto vorkamen.“ „Runter“ habe einer geschrien. Mit einer Waffe in der Hand. „Dann zog er meine Dienstwaffe aus dem Holster. Ein zweiter Täter sprühte mir was ins Gesicht …“
Profiler analysiert „Müllmann“-ÜberfallDer erste Verdacht geht in Richtung Clan-Kriminalität
Auch sein Kollege Heiko Rö. (38) wurde entwaffnet: „Einer schubste mich zurück in unsere Fahrzeugschleuse, drückte mich auf den Boden.“
Der Angeklagte: „Mir lief immer die Nase – wegen des Kokains. Ich fasste mir deshalb mehrfach ins Gesicht.“ Dabei habe er wohl Spuren auf dem Pullover des Wachmanns hinterlassen. Über diese DNA-Spur konnte die Kriminalpolizei ihn identifizieren.
Nach dem Coup gelang es den Gangstern aber zunächst, zu entkommen. Er habe 70 000 Euro von der Beute erhalten (die kleiner als erhofft war), so Remo. Mit einem Teil habe er Schulden getilgt, mit dem Rest samt Alkohol und Drogen gefeiert …
Die Geldtransporteure (sie hatten zum 2. Mal den Horror eines Überfalls durchlebt) und ihr Fahrer arbeiten nach psychologischer Behandlung heute an anderer Stelle im Unternehmen.
Der Angeklagte entschuldigte sich im Prozess bei allen drei. Er bat das Gericht um Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Die Kammer stellte für sein Geständnis eine Strafe von maximal siebeneinhalb Jahren in Aussicht. Auch, wenn er die Namen der Mittäter nicht nennen will.
Fortsetzung: Montag (6. September)