Prozess nach Geldtransporter-Überfall am Ku’damm: Koks-Nase überführt Müllmann-Gangster

Muhamed Remo wurde bereits zu einer Haftstrafe verurteilt, hatte die aber zur Tatzeit noch nicht angetreten. Jetzt sitzt er wegen des Überfalls auf den Geldtransporter wieder vor Gericht

Muhamed Remo wurde bereits zu einer Haftstrafe verurteilt, hatte die aber zur Tatzeit noch nicht angetreten. Jetzt sitzt er wegen des Überfalls auf den Geldtransporter wieder vor Gericht

Foto: Paul Zinken/dpa
Von: Karin Hendrich

Vier als Müllmänner verkleidete, maskierte Gangster erbeuteten bei dem spektakulären Überfall auf einen Geldtransporter am Kudamm 648 500 Euro, ein fünfter Gangster steuerte den Fluchtwagen. Drei der vier Räuber sind bis heute unbekannt.

Berlin – Den Vierten überführte seine tropfende Kokain-Nase: Muhamed Remo (31), Vollbart schwergewichtig, dreifacher Familienvater, Neffe von Clan-Chef Issa Remmo (55). Am Donnerstag begann sein Prozess.

Vorwurf: Schwerer Raub und gefährliche Körperverletzung. Mit einem überraschenden Geständnis: „Die Tatvorwürfe treffen vollumfänglich zu.“

Und dann lässt er sich über seinen Anwalt ein, wie es dazu kam.

Geldtransporter-ÜberfallAugenzeugen filmten die „Müllmann“-Bande!

Quelle: Berlin/Spreepicture

Nur 16 Tage vorher war er wegen Verkehrsgefährdung zu einem Jahr Haft verurteilt, aber entlassen worden. Der Angeklagte: „Ich hatte mir viel vorgenommen.“

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Doch die sieben Monate Untersuchungshaft und die kriselnde Beziehung zur Ehefrau, dazu 40 000 Euro Schulden … Das alles hätte ihm so zugesetzt, dass er sich wieder mit Alkohol und Drogen „abschoss“.

Die Tür des spezialgesicherten Werttransporters steht offen. Die Sicherheitsleute wollten offenbar gerade die Geldkassetten aus den Automaten im Transporter verstauen. Einer der drei Sicherheitsleute kauert am Boden. Die Räuber haben ihn entwaffnet und mit Reizgas besprüht. Er und sein Kollege kamen leicht verletzt ins Klinikum, ihrFahrer blieb unverletzt. Der obdachlose Rumäne Saba (20) saß an der Litfaßsäule direkt vor der Berliner Volksbank. Der Bettler zu BILD: „Ich habe geschlafen. Dann kam die Polizei und schickte mich weg“

Die Tür des spezialgesicherten Werttransporters steht offen. Die Sicherheitsleute wollen offenbar gerade die Geldkassetten aus den Automaten im Transporter verstauen

Foto: Privat

Zwei Tage vor der Tat vom 19. Februar 2021 habe ihn ein Bekannter angesprochen – 100 000 Euro seien für ihn drin. Insgesamt hofften sie auf 1 Million.

Der Angeklagte: „Ich ließ mich überreden.“ In der Nacht davor habe er vor Aufregung getrunken und gekokst, am Morgen „zum Runterkommen“ Tilidin geschluckt.

Die Täter verstauen ein weißes Paket im Kofferraum des Wagens. Der mögliche Fluchtwagen wurde ausgebrannt in Schöneberg gefunden

Der Kofferraum des silberfarbenen Audi ist so voller Beute, dass die Klappe nicht zugeht

Foto: BILD
Mit einiger Mühe drückt einer der Täter die Heckklappe des Audi zu

Mit einiger Mühe drückt einer der Täter die Heckklappe des Audi zu

Foto:

Geldtransporteur Karsten S. (60): „Wir waren gerade beim Ausladen der Geldkassetten. Als drei Männer in BSR-Anzügen hinter unserem Auto vorkamen.“ „Runter“ habe einer geschrien. Mit einer Waffe in der Hand. „Dann zog er meine Dienstwaffe aus dem Holster. Ein zweiter Täter sprühte mir was ins Gesicht …“

Profiler analysiert „Müllmann“-ÜberfallDer erste Verdacht geht in Richtung Clan-Kriminalität

Quelle: BILD

Auch sein Kollege Heiko Rö. (38) wurde entwaffnet: „Einer schubste mich zurück in unsere Fahrzeugschleuse, drückte mich auf den Boden.“

Ermittler sicherten Spuren an dem Transporter

Ermittler sicherten Spuren an dem Transporter

Foto: Olaf Wagner

Der Angeklagte: „Mir lief immer die Nase – wegen des Kokains. Ich fasste mir deshalb mehrfach ins Gesicht.“ Dabei habe er wohl Spuren auf dem Pullover des Wachmanns hinterlassen. Über diese DNA-Spur konnte die Kriminalpolizei ihn identifizieren.

Nach dem Coup gelang es den Gangstern aber zunächst, zu entkommen. Er habe 70 000 Euro von der Beute erhalten (die kleiner als erhofft war), so Remo. Mit einem Teil habe er Schulden getilgt, mit dem Rest samt Alkohol und Drogen gefeiert …

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Die Geldtransporteure (sie hatten zum 2. Mal den Horror eines Überfalls durchlebt) und ihr Fahrer arbeiten nach psychologischer Behandlung heute an anderer Stelle im Unternehmen.

Der ausgebrannte Audi wird am Freitag von der Polizei an einem Supermarkt in Schöneberg abgeschleppt

Der Audi A6, mit dem die Gangster geflüchtet sein sollen, wurde ausgebrannt gefunden und abgeschleppt

Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Der Angeklagte entschuldigte sich im Prozess bei allen drei. Er bat das Gericht um Unterbringung in einer Entziehungsanstalt. Die Kammer stellte für sein Geständnis eine Strafe von maximal siebeneinhalb Jahren in Aussicht. Auch, wenn er die Namen der Mittäter nicht nennen will.

Fortsetzung: Montag (6. September)

Grafik: Aufbau eines Geldtransporters – info.BILD
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