Michael Müller in Bedrängnis: Berlins Regierender und seine überreagierende Justiz

Berlins Regierender Bürgermeister erstattete Anzeige gegen die Facebook-Nutzerin „Karina Fitzi“

Berlins Regierender Bürgermeister erstattete Anzeige gegen die Facebook-Nutzerin „Karina Fitzi“

Foto: Fabian Sommer/dpa
Von: Stefan Peter

Berlin – Bekam der Regierende Bürgermeister Michael Müller (56, SPD) bei der Justiz eine Sonderbehandlung? Eine Anzeige des Rathaus-Chefs wurde ungewöhnlich schnell bearbeitet. Nun wird das Thema im Rechtsausschuss!

Darum geht‘s: Am 16. April 2019 erstattete Müller Anzeige gegen die Facebook-Nutzerin „Karina Fitzi“. Die hatte ein Foto geteilt, auf dem es so aussah, als ob Müller alle Flüchtlinge nach Berlin einlädt. Ein Fake – auf dem Original-Bild hielt er ein Schild für die Kältehilfe hoch.

Auf Twitter machte der Regierende Bürgermeister Werbung für die Kältehilfe. Im Fake-Foto auf Facebook (l.) sah es so aus, als ob Michael Müller alle Flüchtlinge nach Berlin einlädt

Auf Twitter machte der Regierende Bürgermeister Werbung für die Kältehilfe. Im Fake-Foto auf Facebook (l.) sah es so aus, als ob Michael Müller alle Flüchtlinge nach Berlin einlädt

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Unter dem Foto stand u.a.: „Bürgermeister Müller von #Berlin will alle #Bootsflüchtlinge und zeigt damit ein absolutes Desinteresse, was in der Hauptstadt gerade vor sich geht. #NiewiederSPD.“

Die Anzeige schickte Müller direkt an den Leitenden Oberstaatsanwalt Jörg Raupach. Dessen Mitarbeiter ermittelten wegen übler Nachrede, erwirkten einen Durchsuchungsbeschluss. Am 20. Februar 2020 kamen um sechs Uhr morgens fünf LKA-Beamte zu „Karina Fitzi“. Das berichtete die „Welt“.

Der Leitende Oberstaatsanwalt Jörg Raupach

Der Leitende Oberstaatsanwalt Jörg Raupach

Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

BILD erreichte „Karina Fitzi“ gestern. Die Mittfünfzigerin ist Frührentnerin, wohnt in Zehlendorf im Erdgeschoss eines Mietshauses. „Die Polizisten haben Sturm geklingelt, gegen die Tür getreten, gegen die Fenster geklopft“, behauptet sie. Zwei Handys und zwei Tablets wurden von den Beamten beschlagnahmt: „Vor lauter Angst habe ich denen die Passwörter gegeben.“

Sie beteuert, das Fake-Foto nur geteilt, aber nicht entworfen zu haben. „Ich fand es lustig, habe es als Satire gesehen.“ Am 27. Oktober 2020 entschied das Landgericht: Die Durchsuchung war rechtswidrig, der Facebook-Post sei harmlos!

Das Handeln der Staatsanwaltschaft beschäftigt nun die Politik, ist Mittwoch Thema im Rechtsausschuss. „Es entsteht der Eindruck, dass der Regierende Bürgermeister eine VIP-Behandlung bekommen hat“, so Ausschuss-Vorsitzender Holger Krestel (65, FDP).

Sein CDU-Kollege Sven Rissmann (43): „Justiz muss unparteiisch sein.“

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