Weil er sich ZU SPÄT wehrte!: Berliner Späti-Besitzer zu zwei Jahren Bewährung verurteilt

Necmettin Cengiz (50) in seinem Spätkauf in Berlin-Spandau. Hier musste er sich gegen seinen Angreifer wehren

Necmettin Cengiz (50) in seinem Spätkauf in Berlin-Spandau. Hier musste er sich gegen seinen Angreifer wehren

Foto: Ralf Günther
Von: Sara Orlos Fernandes

Berlin – Nur acht Sekunden entschieden über das Schicksal von Necmettin Cengiz! Denn so lange brauchte der Spätkauf-Besitzer, um auf den Schlag seines Angreifers zu reagieren. Zu lange für die Richterin. Der 50-Jährige wurde am 23. Juni vom Amtsgericht Tiergarten dafür schuldig gesprochen.

Die Auseinandersetzung im November 2019 im Spandauer Spätkauf begann harmlos. Es ging um ein kaputtes Handy-Display, das der Späti-Mann für den Kunden zuvor repariert hatte. Das Display zerbrach erneut, Cengiz wollte aber ohne Quittung kein Geld erstatten. Die Diskussion eskalierte – der damals 30-jährige Kunde, ein vorbestrafter Kampfsportler, schlug Cengiz in den Magen.

„Ich bin auf die Knie gefallen, war benommen und musste mich sammeln. Ich habe keine Luft bekommen“, sagt Cengiz. Acht Sekunden später greift er zu einem Tischbein und schlägt mehrmals auf den Angreifer ein.

Der 50-Jährige kann das Urteil nicht fassen

Der 50-Jährige kann das Urteil nicht fassen

Foto: Ralf Günther

„Er wollte einfach nicht gehen. Hätte ich einen Notausgang gehabt, wäre ich weggelaufen. Ich sah aber keinen anderen Ausweg“, erklärt sich der dreifache Vater vor Gericht.

Die Richterin ist anderer Meinung. Für sie stellt die Szene aus dem Überwachungsvideo keine Notwehr dar. Zu lange habe Necmettin für seinen Gegenschlag gebraucht.

Sein Anwalt erklärt dazu: „Straffrei sind solche Reaktionen auch, wenn aus Verwirrung, Furcht und Schrecken gehandelt wird.“ Der Spätibesitzer beteuert: „Ich hatte Todesangst.“

Doch auch das glaubt ihm die Richterin nicht.

Der Angreifer wird freigesprochen. Der Spätibesitzer dagegen bekommt eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung wegen schwerer Körperverletzung. Er ist nach dem Urteil fassungslos und den Tränen nahe: „Ich wollte nur Gerechtigkeit.“

BILD Kaufberater: Hier gibt es die besten Produkte im Test!