Kurioser Deal für Enkeltrick-Betrüger im Gerichtssaal: Angeklagter übergibt Rentnerin abgezockte 65 000 Euro​

... und kommt mit Bewährung davon

Valentino K. zahlte, gestand und muss nun nicht in den Knast

Valentino K. zahlte, gestand und muss nun nicht in den Knast

Foto: Olaf Wagner
Von: Karin hendrich

Berlin – Spektakuläre Geldübergabe am Mittwoch im Gerichtssaal. Das hat es in der Hauptstadt noch nicht gegeben!​

Rentnerin Thea L. (85, Name geändert) bekam die 65 000 Euro zurück, die Enkeltrickbetrüger von ihr ergaunert hatten. Die alte Dame überglücklich: „Ich danke allen.“

Vor allem Amtsrichter Wolfgang Jordan, der den Deal eingefädelt hatte.​ Sein Vorschlag an den Angeklagten Valentino K. (27): Geständnis und Geld zurück. Dann gibt’s Bewährung.

Der Deutsch-Pole, Mitglied einer großen Bande, nahm ohne Zögern an: „Sämtliche Vorwürfe der Anklage treffen zu.“ Worauf einer der Anwälte den Saal verließ, um das Geld zu holen.​

Amtsrichter Wolfgang Jordan fädelte den kuriosen Deal ein​

Amtsrichter Wolfgang Jordan fädelte den kuriosen Deal ein​

Foto: Olaf Wagner

„Man hat mir übel mitgespielt“, begann die frühere Friseurin aus Köpenick ihre Erinnerungen an den 5. Januar. Sie hatte einen Anruf ihres Sohnes erwartet. Gegen 16.30 klingelte das Telefon: „Ich bin im Krankenhaus, habe mich mit Corona angesteckt …“ Er sei schon in der Charité, werde beatmet. „Mutti, ich will nicht sterben.“​

Nur eine 100 000-Euro-Spritze könne ihn retten. Die aber von der Krankenkasse nicht bezahlt wird.​ Die Rentnerin schluchzend im Prozess: „Ich war nicht mehr ich selbst. Ich hatte doch schon ein Kind verloren.“

Dass der Anrufer gar nicht ihr Sohn, sondern ein Komplize des Angeklagten war, bemerkte sie in der Aufregung nicht.​ Sie sammelte alles Geld zusammen, dass sie für den Umzug in eine Seniorenresidenz gespart und in der Wohnung aufbewahrt hatte, stopfte es in eine Laptop-Tasche. Das Telefon klingelte erneut.

„Da kommt gleich jemand, holt es ab. Du kannst schon runtergehen.“​

Minuten später nahm eine Unbekannte Thea L. die Laptoptasche ab und übergab das Geld an den Angeklagten – einen sogenannten Abhol-Logistiker. Der brachte die Beute sofort nach Polen.​

Drei weitere, fehlgeschlagene Versuche werden Valentino K. zur Last gelegt. Doch die Opfer waren rechtzeitig misstrauisch geworden.​ Der Angeklagte bekam wegen versuchten und vollendeten gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs zwei Jahre auf Bewährung.​

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