Ärger um Oben-Ohne-Sonnen in Berlin: Die Polizei sagt: Meine Brüste sind „grob ungehörig“

Ab wann ist die Polizei eigentlich übergriffig?

Gabrielle Lebreton (37) sonnte sich oben ohne

Gabrielle Lebreton (37) sonnte sich oben ohne

Foto: christian lohse
Von: Alina Gröning, Johannes Malinowski und Leoni Rossow

Berlin – Die Geschichte sorgte für Aufsehen: Eine Berlinerin musste den Wasserspielplatz “Plansche im Plänterwald“ verlassen, weil sie sich oben ohne sonnte. Jetzt folgt die hitzige Debatte: War das Verhalten der Polizei zeitgemäß?

Gabrielle Lebreton (37) war am 20. Juni – einem Sonntag – mit ihrem Sohn (6), einem Kumpel und dessen Tochter (4) auf dem Wasserspielplatz im Plänterwald, als erst ein Sicherheitsdienst und später zwei hinzugerufene Polizisten ihr das Oben-ohne-Sonnen verbieten wollten.

Grund: Die Brüste seien störend, sie müsse einen BH tragen. Die französische Architektin (lebt seit 2012 in Berlin) weigerte sich und verließ das Areal.

Gabrielle Lebreton (37) sagt: „Ein Gesetz muss her, das Klarheit schafft, wo Menschen mit nacktem Oberkörper sich zeigen dürfen – egal ob Männer oder Frauen“

Gabrielle Lebreton (37) sagt: „Ein Gesetz muss her, das Klarheit schafft, wo sich Menschen mit nacktem Oberkörper zeigen dürfen – egal ob Männer oder Frauen“

Foto: christian lohse

Gabrielle Lebreton war Donnerstag mit der Gleichstellungsbeauftragten des Bezirks Treptow-Köpenick verabredet.

Zuvor demonstrierte sie mit Freunden vor dem Rathaus. „Ziel ist, dass es Frauen in Berlin überall dort möglich sein soll, sich oben ohne zu zeigen, wo es Männern auch erlaubt ist“, sagt sie.

Vor dem Rathaus Köpenick demonstrierte Gabrielle Lebreton mit mehreren Freunden für Oben-Ohne-Gleichberechtigung

Vor dem Rathaus Köpenick demonstrierte Gabrielle Lebreton mit mehreren Freunden für Oben-Ohne-Gleichberechtigung

Foto: christian lohse

Laut einer Sprecherin des Bezirksamts wird das Oben-ohne-Sonnen außerhalb von Parks geduldet. Eine Plansche sei allerdings ein Kinderspielplatz. „Wenn ich so einen eingezäunten Raum betrete, muss ich mich an die Hausregeln halten“, so die Sprecherin. Es sei nichts dagegen einzuwenden, dass die Eltern in Badekleidung mit ihren Kindern im Wasser spielen.

Das Sicherheitspersonal habe auf Grundlage des Paragrafen 118 des Ordnungswidrigkeitengesetzes gehandelt.

Studentin Luise Van Motte (21): „Einerseits ist es schade, dass Frauen immer noch beim Sonnen in der Öffentlichkeit für das Entblößen ihrer Brust verachtet werden. Andererseits verstehe ich, wenn sich Familien auf dem Spielplatz von zu viel nackter Haut belästigt fühlen. Die Brust einer Frau sehen viele als sexuelles Objekt an. Dass die Polizei dort nun eingegriffen hat, nur weil sich eine Frau in der Hitze sonnte, halte ich aber für übertrieben“

Studentin Luise Van Motte (21): „Einerseits ist es schade, dass Frauen immer noch beim Sonnen in der Öffentlichkeit für das Entblößen ihrer Brust verachtet werden. Andererseits verstehe ich, wenn sich Familien auf dem Spielplatz von zu viel nackter Haut belästigt fühlen. Die Brust einer Frau sehen viele als sexuelles Objekt an. Dass die Polizei dort nun eingegriffen hat, nur weil sich eine Frau in der Hitze sonnte, halte ich aber für übertrieben“

Foto: christian lohse

Für Alexander Pabst (50), Fachanwalt für Strafrecht, ist das grober Unfug. „Es ist schließlich gang und gäbe, dass man sich oben ohne sonnt“, sagt er. „Die grob ungehörige Handlung ist eine Dunkelnorm, trotzdem erfüllt barbusiges Sonnen nicht den Tatbestand des 118er-Paragrafen.“

Klara Kuhnke (18), Azubi zur Verwaltungsfachangestellten: „Ich persönlich finde das total in Ordnung, wenn Frauen sich auch im Park mit freiem Oberkörper sonnen. Nur würde ich überdenken, mich in die Nähe eines Spielplatzes zu setzen. Dennoch war es etwas übergriffig von der Polizei, die Frau zu vertreiben. Einem Mann wäre es wohl nicht so ergangen“

Klara Kuhnke (18), Azubi zur Verwaltungsfachangestellten: „Ich persönlich finde das total in Ordnung, wenn Frauen sich auch im Park mit freiem Oberkörper sonnen. Nur würde ich überdenken, mich in die Nähe eines Spielplatzes zu setzen. Dennoch war es etwas übergriffig von der Polizei, die Frau zu vertreiben. Einem Mann wäre es wohl nicht so ergangen“

Foto: christian lohse

Es liege auch keine exhibitionistische Handlung vor. Die könne nämlich nur von Männern begangen werden. „Wenn eine Frau blank zieht, ist es keine Straftat“, so der Experte. Auch Femen-Aktivistinnen würden nicht verfolgt.

Rentner Armin F. (78) aus Reinickendorf: „Am Strand oder auf einem Boot stellt das für mich kein Problem dar. Aber mitten in einem Stadtpark sollte sich eine Frau lieber nicht entblößen. Da sind so viele Leute, auf die man schon auch Rücksicht nehmen sollte. Zu Hause auf dem Balkon kann man die Kleider ja wieder fallen lassen. Aber vielleicht ist das auch eine Generationsfrage“

Rentner Armin F. (78) aus Reinickendorf: „Am Strand oder auf einem Boot stellt das für mich kein Problem dar. Aber mitten in einem Stadtpark sollte sich eine Frau lieber nicht entblößen. Da sind so viele Leute, auf die man schon auch Rücksicht nehmen sollte. Zu Hause auf dem Balkon kann man die Kleider ja wieder fallen lassen. Aber vielleicht ist das auch eine Generationsfrage“

Foto: christian lohse

Pabst: „Wie würde man außerdem bei einem dicken Mann mit großen Brüsten verfahren, der sich sonnt?“ Das Argument der Gleichbehandlung sei völlig richtig. Der Anwalt ist sich sicher: „Jeder gescheite Richter würde ein Verfahren einstellen.“

Silvia Strutz (36), Heilpädagogin aus Wedding: „Ich habe selber einen kleinen Sohn und finde, keiner sollte sich in der Nähe von Kindern oberkörperfrei präsentieren – egal ob Frau oder Mann. Meinem Mann würde ich so etwas auch nicht erlauben. Es ist richtig, dass sich die Polizei eingeschaltet hat, wenn die Frau sich nicht bedecken wollte“

Silvia Strutz (36), Heilpädagogin aus Wedding: „Ich habe selber einen kleinen Sohn und finde, keiner sollte sich in der Nähe von Kindern oberkörperfrei präsentieren – egal ob Frau oder Mann. Meinem Mann würde ich so etwas auch nicht erlauben. Es ist richtig, dass sich die Polizei eingeschaltet hat, wenn die Frau sich nicht bedecken wollte“

Foto: christian lohse

Gabrielle Lebreton überlegt trotzdem, vor Gericht zu ziehen. Seit sie mit dem Thema an die Öffentlichkeit ging, erhalte sie täglich Droh-Mails.

„Ich möchte kein Drama“, sagt sie. „Aber ein Gesetz muss her, das Klarheit schafft, wo sich Menschen mit nacktem Oberkörper zeigen dürfen – egal ob Männer oder Frauen.“

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