Prozess nach Clan-Schießerei mit drei Verletzten: Abou-Chaker-Bruder kam ganz in Rosa

Angeklagter spricht von Notwehr

Quelle: BILD
Von: Karin Hendrich

26. Dezember 2020 gegen 3.50 Uhr in der Berliner Stresemannstraße. In unmittelbarer Nähe der SPD-Zentrale peitschen Schüsse vor Halle 25 durch die Nacht. Vier Menschen werden verletzt. Einer: Oliviero „Toni“ V. (30). Er soll auf die anderen das Feuer eröffnet haben. Die anderen: Abou-Chaker-Bruder Ali, Abais C. und Veysel Kilic.

Berlin – Am Donnerstag begann gegen den Italiener vor dem Landgericht der Prozess. Der Vorwurf: Versuchter heimtückischer Mord, gefährliche Körperverletzung, Verstoß gegen das Waffengesetz.

Er soll „in Tötungsabsicht und ohne rechtfertigenden Grund plötzlich und unvermittelt aus kurzer Distanz“ 13 Schüsse auf seine Opfer abgegeben haben. Zwei sitzen auf der Nebenklägerbank. Der aus Deutschland abgeschobene Kilic fehlt. Die Richterin: „Wir haben keine ladungsfähige Adresse.“ Ein Anwalt vertritt ihn.

Der Italiener Olivier V. soll drei Mitgliedern verschiedener Clans in Berlin in den Rücken geschossen haben

Der Italiener Olivier V. soll drei Mitgliedern verschiedener Clans in Berlin in den Rücken geschossen haben

Foto: Olaf Wagner

Den versuchten Mord bestreitet der Angeklagte. Sein Verteidiger: „Es war kein Angriff aus heiterem Himmel.“ Man könne sogar „über eine Notwehrhandlung“ seines Mandanten diskutieren.

Der Angeklagte (hinter Panzerglas) begann damit, wie er zunächst mit zwei Freunden Alkohol und Kokain konsumierte. Wie er dann von einer Bekannten in den Pokerkeller gelockt wurde. „In eine Falle“ – so seine Vermutung. Wie es plötzlich Tumult im Pokerraum gab. Ali Abou-Chaker mit einer Machete vor ihm herumfuchtelte. Veysel Kilic mit der Pistole auf ihn zielte. Und Abais C. am Eingang mit einer Riesendose Pfefferspray stand.

Ali Abou-Chaker tritt im Prozess als Nebenkläger auf. Auch ihm wurde von Olivier V. in den Rücken geschossen

Ali Abou-Chaker tritt im Prozess als Nebenkläger auf. Auch ihm wurde von Olivier V. in den Rücken geschossen

Foto: Olaf Wagner
Ali Abou Chaker ist eines der Opfer. Er sitzt nach der Schießerei verletzt am Boden

Ali Abou-Chaker ist eines der Opfer. Er sitzt nach der Schießerei verletzt am Boden

Foto: spreepicture

Der Angeklagte: „Ali forderte aggressiv sein Geld.“ Angebliche 4000 Euro Schulden aus einem Pokerspiel Wochen vorher. „Das Geld stand ihm nicht zu. Er hatte keinen legitimen Anspruch.“ Also eine versuchte räuberische Erpressung? Das sah Ali Abou-Chaker anders. „Der Hund schuldet mir Geld“, habe er geschrien… Wir schneiden dir die Hände ab.“

Schläge mit Machete und Pistole folgten. „Ich war verängstigt.“ Sein Kumpel versuchte, die Männer zu besänftigen: „Ich zahle die Schulden.“ Alis Antwort: „Jetzt sind es schon 10 000 Euro.“ Abais C. legte nach: „Meine Cousins kommen auch noch. Wir werden dich kaputt machen.“ Der Angeklagte: „Ich hatte Todesangst.“

Draußen auf dem Hof hätten sie dann gedroht: „Du kommst jetzt in den Kofferraum…“ Einer schrie: „Lauf du Hund. Ich gebe dir ein paar Kugeln zur Strafe.“ Er habe Angst vor einer Entführung gehabt. Totale Panik.

An dieser Stelle findest du Inhalte von Drittanbietern
Um mit Inhalten von Drittanbietern zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.
In einer Scheibe ist ein Einschussloch zu sehen

In einer Scheibe ist ein Einschussloch zu sehen

Foto: AFP

„Ich zog meine Waffe aus dem Hosenbund, schoss nach unten schräg auf die Beine. Ich wollte sie nur verletzen, keineswegs töten…“ Und unter provozierendem Beifallklatschen von Nebenkläger Ali weiter: „Sie haben mir keine Wahl gelassen.“

4.02 Uhr am zweiten Weihnachtsfeiertag. Die Polizei trifft ein, findet die drei Schwerverletzten. Der Täter wird aus dem naheliegenden Landwehrkanal gezogen, wo er seine Waffe offenbar entsorgt hat

4.02 Uhr am zweiten Weihnachtsfeiertag 2020. Die Polizei trifft ein, findet die drei Schwerverletzten. Der Täter wird aus dem naheliegenden Landwehrkanal gezogen, wo er seine Waffe offenbar entsorgt hat

Foto: Privat
Teaser-Bild

Nur auf die Beine geschossen? Abais C. erlitt lebensgefährliche Schusswunden im Bauchraum, Ali Abou-Chaker u. a. einen Durchschuss des Beckens… Veysel Kilic fiel sogar kurze Zeit ins Koma. Der Angeklagte: „Ali schoss noch auf mich. Ich floh Richtung Landwehrkanal.“ Mit einer Kugel im Bein fischte ihn dort die Polizei wenig später heraus.

Und die Tatwaffe? „Hatte ich vergraben.“ Und auf einige Widersprüche zu früheren Aussagen angesprochen: „Damals wollte ich niemand belasten. Ich habe zwei Kinder und eine Verlobte zu Hause. Ich habe Verantwortung.“ Die Richterin: „Wer sagt denn, dass das heute die Wahrheit ist?“

Fortsetzung: Montag (13. September)

Ging es um Spielschulden?Neue Videos von Clan-Schießerei in Berlin aufgetaucht!

Quelle: BILD/Spreepicture/Dedinag
BILD Kaufberater: Hier gibt es die besten Produkte im Test!