Schon 20 Haftbefehle, aber frei!: Bewährung in Berlin für Europas „berühmteste“ Diebin

Auf Bewährung draußen: Freudestrahlend verlässt Vasvija H. (34) am Donnerstag nach dem Urteil das Gericht

Auf Bewährung draußen: Freudestrahlend verlässt Vasvija H. (34) am Donnerstag nach dem Urteil das Gericht

Foto: Olaf Wagner
Von: Anne Losensky

In Italien wird sie mit Sophia Loren (86) verglichen. Diese spielte einmal in ihrer Jugend eine Kriminelle, die dauernd schwanger wurde, um nicht ins Gefängnis zu müssen – und brachte es im Film auf sieben Kinder. Vasvija H. (34) aber legte im echten Leben noch was drauf: Sie wurde 13 Mal schwanger, nur deshalb, um nicht in den Knast zu müssen! Das berichten jedenfalls italienische Medien.

Berlin – Die Bosnierin soll seit 20 Jahren als notorische Taschendiebin zwischen Rom und Mailand ihr Unwesen treiben. Im Corona-Sommer 2020 verlegt Mutter Vasvija ihr Gewerbe nach Deutschland. Aus der italienischen „Madame furto“ (Madame Diebstahl) wird „Lady Langfinger“. Ihr Berliner Revier: der Hauptbahnhof. Am 10. September 2020 wird sie verhaftet: Erstmals sitzt sie so richtig hinter Gittern – bis jetzt.

Rückblick: Es heißt, allein in Rom sei sie über 40-mal auf frischer Tat gefasst worden. Doch 20 italienische Haftbefehle blieben angeblich ohne Folgen: Vasvija H. soll stets zu schwanger fürs Gefängnis gewesen sein! Um insgesamt 19 Jahre Knast zu umgehen!

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Die italienische Polizei veröffentlichte zur Warnung ein Foto von „Madame Diebstahl" alias Vasvija H. (34)

Die italienische Polizei veröffentlichte zur Warnung ein Foto von „Madame Diebstahl“ alias Vasvija H. (34)

Foto: Carrabineri

Neun Kinder hat sie tatsächlich bekommen, 17 Jahre das älteste, 16 Monate das jüngste. 2019 platzte dem italienischen Innenminister der Kragen. Matteo Salvini (47, Lega Nord) twitterte vermeintlich Klartext in Donald-Trump-Manier: „Diese vermaledeite Diebin soll für dreißig Jahre ins Gefängnis, sodass sie keine Kinder mehr bekommen kann, und ihre armen Kinder zur Adoption in anständige Familien freigegeben werden können.“

Festnahme in Berlin

Als sie im Sommer vorigen Jahres in Berlin auf Klau-Tour geht, schlägt die Bundespolizei zu. Verhaftung am 10. September 2020. Es dauert vier Monate bis zur Anklage. Sie trägt das Datum 14. Januar 2021, am selben Tag Prozess und Urteil – das gab es in Berlin noch nie!

Festnahme durch Bundespolizisten am 10. September am Hauptbahnhof

Festnahme durch Bundespolizisten am 10. September am Hauptbahnhof

Foto: Privat

Honecker-Anwalt Nicolas Becker verteidigt die „Sophia-Loren-für-Arme“. Er sagt: „Meines Wissens gibt es gar keine Verurteilung bisher, auch nicht in Italien.“

Tatsächlich: Der deutsche Bundeszentralregister-Auszug von Vasvija H. hat keine Einträge, auch der aus Italien ist leer. Die Frau ist nicht vorbestraft!

Der Promi-Verteidiger handelt einen Deal aus: Vier von zehn Vorwürfen werden eingestellt, den Rest gesteht „Lady Langfinger“. Warum beklaut sie alte Leute beim Einsteigen in Züge? „Armut und Geldnot, nicht um Luxus zu finanzieren“, sagt ihr Verteidiger.

► Einem 83-Jährigen nahm sie zum Beispiel am 4. September 2020 am Hauptbahnhof-Gleis 12 die Börse weg, als er 13.04 Uhr den Zug nach Bad Schandau (Sachsen) bestieg. 13.12 Uhr stieg sie Ostbahnhof aus, mit 150 Euro Bargeld aus der Börse. 13.18 Uhr räumte sie mit der Geldkarte das Konto des alten Herren ab: 254,99 Euro, 804,99 Euro, 444,99 Euro. Er hatte dummerweise seine PIN auf der Geldkarte notiert.

Nach dem Urteil wird die notorische Diebin von ihrer Familie abgeholt – bei bester Laune

Nach dem Urteil wird die notorische Diebin von ihrer Familie abgeholt – bei bester Laune

Foto: Olaf Wagner

Vor dem Urteil verdrückt die nur 1,50 Meter kleine Frau ein paar Tränen: „Ich mache es nie wieder.“

Sie weiß wohl selber nicht, wie oft sie das schon beteuerte. Schon ist sie wieder frei: Sie wird zwar zu 22 Monaten Haft verurteilt, darf sich aber als Ersttäterin in Freiheit bewähren. Die Langfinger-Lady verlässt das Gericht durch die Vordertür. Die Familie holt sie ab. In einem großen weißen Auto rauscht sie davon.

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