Linksextreme haben dieses Jahr ein besonderes Ziel: Die geheimen Polizei-Akten zum 1. Mai in Berlin

Im vergangenen Jahr eskalierte die abendliche Mai-Demo in Neukölln. Mülltonnen und Gerümpel wurden auf Straßen angezündet, Polizisten mit Steinen und Flaschen beworfen

Im vergangenen Jahr eskalierte die abendliche Mai-Demo in Neukölln. Mülltonnen und Gerümpel wurden auf Straßen angezündet, Polizisten mit Steinen und Flaschen beworfen

Foto: SZ Photo

Berlin – Kommt es am Sonntag zum Showdown am Kottbusser Tor?

Noch am Dienstag verkündete Berlins Innensenatorin Iris Spranger (60, SPD) offiziell: „Ich hoffe sehr, dass es friedlich bleibt. Aber ein kleiner Teil wird die Lage wohl ausnutzen.“

Die geheimen Polizei-Akten sprechen die Gefahren jedoch ganz deutlich aus. BILD konnte Einblick nehmen in die interne Gefährdungsbewertung („Nur für den Dienstgebrauch“) des Staatsschutzes.

Darin warnt das Landeskriminalamt (LKA) ausdrücklich im Zusammenhang mit der berüchtigten revolutionären 1.-Mai-Demo vor Krawallen – spätestens am Kottbusser Tor in Kreuzberg.

Innensenatorin Iris Spranger (60, SPD)

Innensenatorin Iris Spranger (60, SPD)

Foto: Wolfgang Kumm/dpa

Der Platz sei in diesem Jahr „neuralgischster und somit störanfälligster Ort der ganzen Aufzugsstrecke“, heißt es da. Dort könnte es zur „Initialzündung für gewalttätige Aktionen kommen“.

 Warum ausgerechnet am Kotti? Ein von den deutschen Linksextremisten und einer „Migrantenklientel“ empfundenes „Gefühl der Verfolgung wird auf die Polizei Berlin projiziert und in dem Fall örtlich ganz explizit auf die Kotti-Wache gelegt“, so die Einschätzung.

Die geplante Rund-um-die-Uhr-Wache soll im kommenden Jahr im Neuen Kreuzberger Zentrum (NKZ) eröffnet werden. Seit Bekanntwerden der Pläne gibt es Proteste linker Gruppen. Doch Innensenatorin Spranger sagt: „Ich werde diese Wache einrichten!“

Kosten: mindestens 250 000 Euro, plus monatliche Miete.

► Laut Staatsschutz haben die Linksextremisten spätestens seit dem 12. Februar begonnen, das Thema „Kotti-Wache“ aufzugreifen und es „deutlich negativ verlautbart“. Jetzt ist die Wache Reizobjekt der ganzen Demo.

Infografik / Karte: Die Route der 1.-Mai-Demo in Berlin

„Thematischer gemeinsamer Nenner“ aller beteiligten Demo-Gruppen sei „die so empfundene Repression“ durch die Polizei. „Dies, verbunden mit der geplanten Kotti-Wache, hat bereits jetzt einen großen Stellenwert und entsprechenden Widerhall bei der Migrantifa und bei deutscher linker Klientel gefunden“, heißt es.

Die Staatsschützer sehen konkret als Gefahr: „Besonders dort (am Kotti, Anm. der Redaktion) könnte es zu mehr provokatorischen oder gar gewalttätigen Aktionen von Teilen der Aufzugsteilnehmenden kommen.“ Jeder Eingriff der Polizei werde „beobachtet, kritisch beurteilt und schnell als repressiver Eingriff gewertet“ und „mobilisierend per Livestream in sozialen Medien verbreitet“. Das könnte „Solidarisierungseffekte“ im Aufzug und im näheren Umfeld auslösen, „die mit tätlichen Angriffen auf Polizeikräfte unmittelbar einhergehen würden“.

Die 1.-Mai-Demo steht in diesem Jahr unter dem Motto: „Yallah Klassenkampf –No war but classwar!“. Im vergangenen Jahr war die „Migrantifa“ vorne dabei

Die 1.-Mai-Demo steht in diesem Jahr unter dem Motto: „Yallah Klassenkampf – No war but classwar!“. Im vergangenen Jahr war die „Migrantifa“ vorne dabei

Foto: ddp/Sulupress

► Auch vor diesem Szenario warnt das LKA: Ob die Demonstration überhaupt geschlossen bei der Kundgebung am Oranienplatz ankomme, sei fraglich. Gibt es am Kotti Krawall, wäre eine „Abspaltung in Kleingruppen als auch an einem anderen Ort ein neuer spontaner (Teil-)Aufzug im Bereich des Wahrscheinlichen“.

Der Verfassungsschutz rechnet mit bis zu 20 000 Demo-Teilnehmern, 5000 Polizisten sind im Einsatz.

Wer hat die 1.-Mai-Demo in diesem Jahr angemeldet?

In der Gefährdungsbewertung des Landeskriminalamts (LKA) haben die Staatsschützer dem Anmelder Sebastian S. einen ganzen Abschnitt gewidmet.

S. habe den Aufzug demnach am 12. April angemeldet. Zu ihm gebe es „allgemeinpolizeiliche und staatsschutzrelevante Erkenntnisse“, heißt es.

Feuer, Steine, FlaschenSo brutal war der 1. Mai

Quelle: Reuters, Spreepicture

► Bekannt seien Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, Widerstand, Landfriedensbruch, Sachbeschädigung, Brandstiftung, Beleidigung, Körperverletzung, Hausfriedensbruch, Diebstahl, Gefangenenbefreiung und Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz.

Sebastian S. habe in der Vergangenheit mehrere Veranstaltungen „mit Teilnehmerzahlen im mittleren zweistelligen Bereich“ zu den Themen Gentrifizierung, Antirassismus und soziale Ausgrenzung angemeldet, die allerdings „größtenteils störungsfrei“ verliefen, wie es in der Unterlage heißt.

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