Böller, Steine, Pfefferspray: Festnahmen bei 1.-Mai-Demos in ganz Deutschland

Polizisten setzen Pfefferspray gegen Teilnehmer der 1.-Mai-Demonstration in Berlin ein

Polizisten setzen Pfefferspray gegen Teilnehmer der 1.-Mai-Demonstration in Berlin ein

Foto: CHRISTIAN MANG/REUTERS
Von: Til Biermann, Dirk Böttger, Stefan Ferrari, Alina Gröning, Axel Lier, Fabian Matzerath, Katharina Metag, Isabel Pfannkuche, Olaf Selchow und Olaf Wagner

Berlin – Die sogenannte Revolutionäre 1. Mai Demonstration ist mit etwas Verspätung in Berlin-Neukölln gestartet. Der Zug mit mehreren Tausend Teilnehmenden wollte am Sonntagabend des Mai-Feiertages vom Hertzbergplatz nach Kreuzberg zum Oranienplatz laufen. Auch in anderen deutschen Städten gab es Kundgebungen.

Rund 14 000 Menschen beteiligten sich nach Schätzungen der Polizei an der abendlichen 1. Mai-Demonstration linker und linksradikaler Gruppen von Neukölln bis nach Kreuzberg. Im mittleren Teil befand sich ein großer schwarzer Block mit mehreren Hundert Menschen.

Der schwarze Block auf der Demo

Der schwarze Block auf der Demo

Foto: Christoph Soeder/dpa

Linke und linksradikale Gruppen hatten zu dem Protest aufgerufen. Die Polizei war mit einem Großaufgebot an der Route präsent.

Infografik / Karte: Die Route der 1.-Mai-Demo in Berlin

Verschiedene Blöcke, darunter viele schwarz gekleidete Teilnehmende, formierten sich. In der riesigen Menge schwenkten Teilnehmende Fahnen, Transparente waren zu sehen. Die Straßen waren zum Teil abgesperrt, viele Mannschaftswagen der Polizei waren postiert.

Mehrere Tausend Demonstranten sind am Sonntag in Berlin auf die Straße gegangen

Mehrere Tausend Demonstranten sind am Sonntag in Berlin auf die Straße gegangen

Foto: Fabian Matzerath
Demonstranten bahnen sich ihren Weg durch Neukölln

Demonstranten bahnen sich ihren Weg durch Neukölln

Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP

Fast 6000 Beamtinnen und Beamte sicherten seit dem Vormittag verschiedene Demonstrationen. Bis zum frühen Abend sei der 1. Mai in Berlin „friedlich und ohne Störung verlaufen“, sagte ein Polizeisprecher.

Gegen 19.20 Uhr allerdings kam es zu ersten Ausschreitungen. An der Sonnenallee Ecke Wildenbruchstraße flogen Böller auf Polizisten. Es kam im weiteren Verlauf vermehrt zu Rangeleien zwischen Polizei und Demonstranten. Die Polizei setzte Pfefferspray ein.

Pyrotechnik wird gezündet

Pyrotechnik wird gezündet

Foto: LISI NIESNER/REUTERS

Auf Twitter berichten immer wieder Demoteilnehmer von antisemitischen Rufen aus der Demo, zu der Linke und linksradikale Gruppen aufgerufen hatten. So sollen immer wieder Rufe wie „Free Palestine“ und „From the river to the sea, Palestine will be free“ zu hören sein. Dazu wurden Fahnen geschwenkt und Plakate gezeigt.

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Einsatzkräfte der Polizei setzten Reizgas ein. Auch bengalische Feuer waren zu sehen.

Polizisten stehen im Rauch

Polizisten stehen im Rauch

Foto: CHRISTIAN MANG/REUTERS

Gegen 21 Uhr kam der Aufzug am Oranienplatz an – begleitet von einem Großaufgebot der Polizei.

Die Demonstration führte auch am Kottbusser Tor und unter einem Hochhaus vorbei, in dem eine neue, auch umstrittene Polizeiwache geplant ist. Linke Gruppen protestierten gegen das Vorhaben.

Rund 14 000 Teilnehmer zählte die Polizei am Abend

Rund 14 000 Teilnehmer zählte die Polizei am Abend

Foto: LISI NIESNER/REUTERS

Am späteren Abend gab es auch Festnahmen in Kreuzberg. Die Polizei versucht gegen 22.15 Uhr die Demoteilnehmer am Endpunkt zum Gehen zu bewegen, hat auch den Oranienplatz mit Flutlicht hell ausgeleuchtet. Immer noch kommt es zu einzelnen Scharmützeln.

Demoteilnehmer und Polizei am Oranienplatz in Kreuzberg

Demoteilnehmer und Polizei am Oranienplatz in Kreuzberg

Foto: Olaf Wagner

Dennoch schrieb die Berliner Polizei bei einer ersten Bilanz auf Twitter vom „friedlichsten 1. Mai seit Jahrzehnten“. 37 Festnahmen hätte es nach vorläufigem Stand gegeben.

Der Aufzug sei weitgehend friedlich verlaufen, sagte auch Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Abend.

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Eierwurf auf Giffey

Eine Schrecksekunde gab es für die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey bei einer Kundgebung am Brandenburger Tor: Die SPD-Politikerin wurde beschimpft und mit einem Ei beworfen – aber nicht getroffen.

Mit einem Schirm wehrt ein Sicherheitsmitarbeiter das Ei ab, das zerplatzt

Mit einem Schirm wehrt ein Sicherheitsmitarbeiter das Ei ab, das zerplatzt

Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP

Giffey hielt dort eine Rede auf der zentralen Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbunds. „Beim Abschluss meiner Rede und an der Stelle, an der ich der Polizei für ihren Einsatz heute gedankt habe, kam es zu dem Eierwurf“, sagte die SPD-Politikerin später.

„Solche Aktionen sind weder hilfreich, noch politisch wertvoll. Sie lenken von dem ab, worum es am heutigen Tag eigentlich geht: Solidarität mit der Ukraine, faire Arbeitsbedingungen und Bezahlung und die gemeinsame Bewältigung der Krisen unserer Zeit.“ Und sie fügte hinzu: „Jeder von uns weiß: Proteste am 1. Mai gehören nun mal dazu, Gewalt jedoch nicht. Ich lasse mich in meiner politischen Arbeit davon nicht beirren.“

Auch ein Schutzschild kam bei der Rede Giffeys zum Einsatz

Auch ein Schutzschild kam bei der Rede Giffeys zum Einsatz

Foto: Getty Images

Tausende Radfahrer in Villenviertel

Bei einem als „autonome Sozialarbeit im Villenviertel“ betitelten Fahrradkorso sind am 1. Mai Tausende Menschen durch Grunewald gefahren. Die Demonstration richtete sich nach Angaben der Veranstalter gegen zu hohe Mieten, Pflegenotstand, globale Ausbeutung, Klimakatastrophe und ungerechte Verteilung von Vermögen. Die Polizei schätzte die Teilnehmerzahl auf 4000 und die Länge des Korsos auf mehr als fünf Kilometer.

Mehrere Tausend Teilnehmer radelten durch Grunewald

Mehrere Tausend Teilnehmer radelten durch Grunewald

Foto: Christoph Soeder/dpa

Die Radler waren am Sonntagmittag vom Roten Rathaus nach Berlin-Grunewald gefahren. Zeitweise radelten sie auf der Stadtautobahn, wie auf Twitter zu sehen war. Ein Polizeisprecher meldete zunächst keine größeren Störungen.

Demonstrationen auch in Hamburg, Sachsen und Paris

Neben Berlin kam es am Sonntag auch in Sachsen und Hamburg zu Demonstrationen. In Hamburg gab es bis zum frühen Abend keine Zwischenfälle, in Sachsen attackierten Neonazis einen Regionalzug, in dem linke Demonstranten auf dem Weg zu einem rechtsextremen Aufmarsch in Zwickau saßen.

Die Angreifer warfen mit Steinen, einer von ihnen – in einer Jacke der rechtsextremen Splitter-Partei „Der Dritte Weg“ – zeigte den Hitlergruß. Ein 28-jähriger Gegendemonstrant wurde dabei leicht verletzt.

In Leipzig versammelten sich rund 600 Menschen zu einer Demonstration...

In Leipzig versammelten sich rund 600 Menschen zu einer Demonstration...

Foto: Silvio Bürger
... während sich in Hamburg circa 300 Demonstranten im schwarzen Block versammelten

... während sich in Hamburg circa 300 Demonstranten im schwarzen Block versammelten

Foto: Marco Zitzow

Die Demonstration in der Hafencity wurde von zahlreichen Polizisten begleitet. Am Abend wollte das Bündnis „Schwarz-Roter 1. Mai“ unter dem Motto „Verboten gut - Anarchismus in die Offensive“ mit 500 Teilnehmern auf die Straße gehen.

Auch in Leipzig zeigte die Polizei verstärkt Präsenz bei einer Demo, die den Abschluss der „Anarchistischen Tage 2022“ bilden soll. Hierzu habe regional die linke Szene mobilisiert.

Deutlich stärker eskalierten dagegen die Demonstrationen in Paris. Dort begann eine Gruppe maskierter Demonstranten bereits kurz nach Beginn des Protestzugs am Sonntagnachmittag, Schaufenster einzuwerfen und Gegenstände auf Polizisten zu werfen. Die Polizei setzte daraufhin Tränengas ein.

In der französischen Hauptstadt eskalierten die Proteste

In der französischen Hauptstadt eskalierten die Proteste

Foto: Getty Images
Demonstranten versuchten Barrikaden zu errichten und zündeten Paletten an

Demonstranten versuchten Barrikaden zu errichten und zündeten Paletten an

Foto: Lewis Joly/AP

Rund 20 Geschäfte, darunter McDonald’s-Filialen und Banken, wurden beschädigt, ein Auto wurde aufgebrochen. Einige Demonstranten versuchten Barrikaden zu errichten und zündeten auf der Straße Paletten an.

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