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Eishockeytrainer Frank Fischöder über Druck und Erfolg : „Dann bin ich der Pinguin mit dem Klemmbrett“

Frank Fischöder war der erfolgreichste Trainer im deutschen Eishockeynachwuchs – nun macht er bei den Profis der Nürnberg Ice Tigers neue Erfahrungen.

Eishockeytrainer Frank Fischöder über Druck und Erfolg : „Dann bin ich der Pinguin mit dem Klemmbrett“

Das Klemmbrett weggehängt. Frank Fischöder im Einsatz.Foto: Osnapx/Imago

Frank Fischöder, 49, ist seit dieser Saison Trainer der Nürnberg Ice Tigers in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Zuvor war der gebürtige Dortmunder zwei Jahrzehnte lang im Nachwuchsbereich tätig und förderte Spieler wie Leon Draisaitl und Tim Stützle.

Frank Fischöder, wenn Sie die besten Eishockeyprofis, die Sie ausgebildet haben, in einer Mannschaft hätten, würden Sie mit der Deutscher Meister werden?
Das weiß man nie. Aber ich glaube, die Wahrscheinlichkeit wäre recht groß.

Mehr als 60 ihrer ehemaligen Nachwuchsspieler sind heute Profis. Leon Draisaitl war der beste Spieler der vergangenen NHL-Saison, Tim Stützle wird als der beste Neuling der nordamerikanischen Profiliga gehandelt. Macht Sie das stolz?
Es ist schön, wenn die Jungs ihren Weg konsequent weitergehen, und es ist schön, dass ich sie als Trainer ein Stück weit begleiten durfte.

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Sie waren in den vergangenen zwei Jahrzehnten der erfolgreichste Nachwuchstrainer im deutschen Eishockey, wurden 16 Mal Meister mit verschiedenen Mannschaften der Jungadler Mannheim. Aber bei den Profis waren Sie keine Nummer, als sie zu Saisonbeginn mit 48 Jahren das Amt des Cheftrainers bei den Nürnberg Ice Tigers übernahmen. Mussten Sie sich da nicht Respekt in der Kabine verschaffen?
Es ist eine schräge Saison, die Vorbereitung und die Einstiegsgespräche – all das hat nicht richtig stattgefunden. Am 5. Dezember war erst Trainingsstart, einige Jungs waren noch in der Quarantäne. Das Kennenlernen mit der Mannschaft hat sich hingezogen, das war eine Annäherung unter Wettkampfbedingungen. Es hat gedauert, bis wir vernünftig in die Kommunikation gekommen sind. Aber wir haben das hingekriegt. Ich wünsche mir, dass man miteinander arbeitet und nicht gegeneinander. Heutzutage sollte man zielorientiert miteinander arbeiten und nicht als Trainer den großen Diktator raushängen lassen. Aber klar, so richtig ins Trainerschema passe ich in der DEL nicht rein.

Eishockey haben Sie einst in der Zweiten und Dritten Liga gespielt.
Das war eine Riesenkarriere. Dortmund, Herne, Unna – die ganzen Topklubs in Deutschland. Im Nachwuchs war ich in Iserlohn, das kann ich noch erwähnen. Aber es hat mein Studium finanziert, das Eishockeyspielen, es war in Ordnung. Es kann nicht jeder Nationalspieler werden.

Mit Moritz Elias und Roman Kechter haben sie zwei Spieler im Kader, die zu Saisonbeginn erst 16 Jahre alt waren, was hat Sie dazu bewogen, schon so junge Spieler aufs Eis zu stellen?
Das hat gepasst, die Jungs haben uns nicht enttäuscht. Sie sind sehr erwachsen geworden und haben Riesenschritte gemacht. Die beiden können eine gute Rolle spielen in der Zukunft.

Der Saisonstart mit den Ice Tigers war holprig, nun läuft es. Die Play-offs werden sie aber verpassen. In Berlin haben sie am Mittwoch bei den Eisbären schon ihr drittletztes Spiel. War die Saison eher eine Investition für die Zukunft? Ihr Vertrag läuft ja auch für die kommende Saison.
Es war eine lehrreiche Saison, auch für mich. So viele Spiele am Stück hatte ich noch nie verloren als Trainer. Ich habe mich eine Zeit lang dagegen gewehrt, Leute vor der Mannschaft anzuscheißen. Das war gegen meine Überzeugung. Aber anscheinend muss das so sein. Die Spieler sagen, sie wollen alle sehen, wenn etwas nicht gut läuft. Es ist halt eine harte Situation, wir haben Spieler dabei, die haben auf 75 Prozent ihres Gehalts verzichtet. Da bei der hohen Schlagzahl an Spielen motiviert zu bleiben – da haben die Jungs einen Riesenjob gemacht.

„Wir hatten im Nachwuchs einen brutal guten Lauf“

War es gut, dass es in dieser Saison keine Zuschauer im Stadion gab und gibt? Hätte der Druck der Kurve womöglich kontraproduktiv für Sie gewirkt nach den Niederlagen zu Saisonbeginn?
Das kann sein, der Druck ist immer da. In dem Moment, in dem die Scheibe fällt, geht es um Sieg oder Niederlage. Da interessieren langfristige Strategien weniger. Natürlich ist es nun entspannter, wo wir die Punkte holen.

Warum gibt es so wenig Geduld bei den Klubs in der DEL, auch in der Pandemie-Saison wurden fast allerorts gestandene Profis nachverpflichtet?
Ja, das war ein Stück weit befremdlich. Wir haben eine Nachverpflichtung gemacht, mit Dennis Lobach, einem 20-jährigen Deutschen. Und das nach Rücksprache mit dem Mannschaftsrat.

Wo liegen die Gründe für den Aufschwung bei den deutschen Spielern, viele sehen die Nationalmannschaft für die kommenden Jahre gut gerüstet?
Wir hatten einen brutal guten Lauf, seit dem Jahrgang von 1995. Die Jungs kommen jetzt halt durch. Spieler wie Marc Michaelis in der NHL oder Parker Tuomie in Berlin, die werden gute Nationalspieler sein. John Jason Peterka in München oder Lukas Reichel in Berlin gibt es ja auch noch – neben Draisaitl, Stützle, Dominik Kahun oder Moritz Seider. Aber ich glaube, dass uns jetzt die Pandemiezeit schadet, weil dem Nachwuchs viel Eiszeit verloren gegangen ist. Klar, das trifft alle Sportarten. Aber im Eishockey haben wir eben weniger Spieler als im Fußball – unsere Talente müssen wir schon hegen und pflegen. Aber uns geht es ja trotzdem noch gut, andere haben es schwerer. Meine Frau zum Beispiel, die ist Lehrerin und unterrichtet jeden Tag 30 Schüler. Ich kann sie daher kaum sehen in diesen Monaten, das Infektionsrisiko ist einfach zu groß. Das bringt mein Beruf jetzt so mit sich, einfach ist das alles nicht.

Nun entsprechen Sie kaum dem Profil des üblichen Trainers im deutschen Profi-Eishockey. Der kommt eher aus Nordamerika als aus Dortmund. Warum gibt es so wenige deutsche Trainer in der DEL?
Die Frage muss man den Vereinen stellen. Es gibt viele gute deutsche Trainer. Die Ausbildung hat sich in den letzten Jahren brutal verbessert. Die sind besonders medial stark aufgestellt und nehmen am Rechner alles auseinander, da muss ich als alter Hase mir oft Hilfe holen.

Eishockeytrainer Frank Fischöder über Druck und Erfolg : „Dann bin ich der Pinguin mit dem Klemmbrett“

Fast immer dabei. Frank Fischöder mit Taktiktafel.Foto: Eibner/Imago

Dabei gelten Sie als großer Taktiker. Legen Sie deshalb Ihre Taktiktafel nie zur Seite?
Früher, als ich jünger war, also vor zwei Jahren, habe ich die auch gern mal zerschreddert an der Bank und in alle Einzelteile zerkloppt. Aber in der DEL kostet das Geld. Es gibt, glaube ich, in den letzten Jahren kein Bild von mir, wo ich das Ding nicht in der Hand hatte.

Doch. Wir haben eines gefunden.

Wirklich? Ich habe sie nur bei einem Spiel zur Seite gelegt bisher, weil ich da so sauer war und Angst hatte, dass ich sie schmeiße. Danach habe ich dann aber den Zettel zerrissen.

Halten Sie sich an der Tafel fest?
Ein Stück weit ja. Ich nutze sie auch, um meinen Gesichtsausdruck zu verstecken. Man sieht mir zu sehr an, was ich denke, und das ist nicht gut. Da bin ich noch nicht so weit wie meine nordamerikanischen Kollegen. Übrigens: Mit der Tafel wird es auch noch eine Aktion geben am Saisonende, eine Auktion ist angedacht.

„Wenn wir gewinnen, bin ich der Held, der den Nachwuchs fördert“

Die Tafel haben Sie aus dem Nachwuchs mitgebracht, der Sprung mit fast 50 Jahren in die DEL war ungewöhnlich, oder?
Ich war 19 Jahre in Mannheim im Nachwuchs, ich musste noch was für mich tun. Das Risiko musste ich eingehen, und ich bereue es nicht. Klar, weiß ich, dass nun der Druck da ist. Wenn die Niederlagenserie da ist, bin ich der Pinguin mit dem Klemmbrett. Wenn wir gewinnen, bin ich der Held, der den Nachwuchs fördert. Nachwuchs und Profibereich, das sind eben zwei Welten: Wenn der 16-Jährige nicht gut spielt, dann sage ich ihm: Beweg deinen Arsch, sonst setze ich dich auf die Tribüne! Das geht jetzt nicht bei den Profis, da bin ich dann ganz schnell draußen. Das Abhängigkeitsverhältnis von Trainern und Spielern ist da schon anders.

Mit Stefan Ustorf, bei den Eisbären ein Idol, haben Sie nun einen erfahrenen Sportdirektor im Team. Wie wichtig sind seine Impulse?
Ich kenne ihn ja auch noch aus Mannheimer Zeiten. Es ist gut, so einen erfahrenen Mann im Rücken zu haben. Wir tauschen uns viel aus.

Sie müssten es ja wissen, wer wird der nächste Stützle oder sogar Draisaitl?
Es sind einige, die auf einem guten Weg sind. Aber die Entwicklung eines Spielers lässt ich nicht vorrausagen. Ich freue mich über Jungs, die oben durchkommen, aber mir tut es viel mehr weh, wenn einer nicht durchkommt. Das schmerzt einen Trainer.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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