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Doch nur „politisches Placebo“? : Testphase für Bodycams bei Berliner Polizei und Feuerwehr beginnt

Am Montag beginnt der Probelauf mit Körperkameras. Doch zunächst sollen nur wenige Geräte eingesetzt werden – das stößt auf Kritik.

Doch nur „politisches Placebo“? : Testphase für Bodycams bei Berliner Polizei und Feuerwehr beginnt

Kamera ab auf Knopfdruck. Beamte der Bundespolizei in Berlin haben bereits die Lizenz zum Filmen.Foto: Wolfgang Rattay/Reuters

Kurz vor der Abgeordnetenhauswahl wird doch noch ein im Koalitionsvertrag der rot-rot-grünen Regierung vereinbartes sicherheitspolitisches Versprechen umgesetzt. In der Vereinbarung vom Dezember 2016 heißt es: Zur Erhöhung der Sicherheit von Polizisten und Bürgern „soll der Einsatz von Bodycams in einem zweijährigen Probelauf getestet und unabhängig wissenschaftlich evaluiert werden“.

Vier Jahre und acht Monate später ist es nun so weit. Am Montag beginnt bei Polizei und Feuerwehr besagter Probelauf, mit offiziellem Termin natürlich: Zum „Startschuss“, wie es in der Einladung heißt, kommen Innensenator Andreas Geisel (SPD), Polizeipräsidentin Barbara Slowik und Landesbranddirektor-Vize Karsten Göwecke.

Dass es so lange dauerte, hat auch mit Rangeleien in der Koalition um die Reform des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes zu tun. Die Novelle trat erst im Frühjahr in Kraft. Bis April 2024 soll der Test laufen, dann hat die nächste Regierungskoalition bis zur folgenden Wahl zwei weitere Jahre Zeit für eine Grundsatzentscheidung, ob Bodycams für die gesamte Polizei und Feuerwehr eingeführt werden sollen.

Bayern hat das schon gemacht, in Hamburg kommen Bodycams teilweise zum Einsatz, auch in anderen Bundesländern kann man Polizisten mit Bodycam begegnen – übrigens auch in Berlin. In der Hauptstadt läuft der Einsatz bei der Bundespolizei durchaus mit Erfolg. Im April hatten etwa am Ostbahnhof vier Männer auf einen anderen eingeprügelt, der später mit Kopfverletzungen in ein Krankenhaus gebracht werden musste.

Bodycams haben nicht immer den gewünschten Effekt

Sicherheitsmänner hatten bereits einen Angreifer gestoppt und ihm das Messer abgenommen, die anderen drei Angreifer bedrängten dann die Beamten. Ein Polizist aktivierte seine Bodycam und zog auch seinen Taser – ein Elektroimpulsgerät, um Menschen zu stoppen, ohne sie ernsthaft zu verletzten. Die Angreifer beruhigten sich, sie waren betrunken, das Messgerät für Atemalkohol zeigte für die Männer zwischen 2,24 und 3,53 Promille an.

Dabei sind solche Situationen eher die Ausnahmen. Die bisherigen Erfahrungen in den Ländern und bei der Bundespolizei zeigen, dass Bodycams zwar zu weniger Gewalt gegen Polizisten führen können, dies aber von der Situation abhängig ist. Bei Menschen, die betrunken sind, die unter Drogen stehen oder die gezielt die körperliche Auseinandersetzung mit Beamten suchen, bewirken Bodycams meist kaum etwas.

Grundsätzlich wirken sie aber deeskalierend, durch ihren Einsatz können Konflikte entschärft werden. Schon die bloße Ankündigung, die Kameras einzuschalten, führe zu einer Deeskalation, heißt es etwa aus Bayern. Die Hemmschwelle, Polizisten zu attackieren, sinke, wenn die Beamten eine Bodycam tragen.

Keine Filmerlaubnis in Wohnräumen

Sind die Kameras aktiviert, werden die Aufnahmen zunächst nur 30 Sekunden lang gespeichert. Erst in einem weiteren Schritt werden die Bilder länger gespeichert – etwa für die Beweisaufnahme in Strafverfahren. Die Polizisten müssen die Aufzeichnung auch starten, wenn Bürger dies verlangen.

In Wohnräumen ist der Einsatz der Kameras aber nicht erlaubt. Nach Ansicht der Gewerkschaften ist das ein Fehler: Genau dort seien Beamte etwa bei Einsätzen gegen häusliche Gewalt brenzligen Situationen ausgesetzt – und später dann Vorwürfen. Wohnungen unterliegen aber einem besonderen Grundrechtsschutz.

In Berlin zählte die Senatsinnenverwaltung im vergangenen Jahr 7505 Polizeibeamte, die Opfer einer Straftat geworden sind, das sind 849 Delikte mehr als 2019. Im vergangenen Jahr waren es 1727 tätliche Angriffe, 665 Beamte wurden Opfer einer Körperverletzung. Ein großer Teil der Fälle hat auch mit den zahlreichen Demonstrationen in Berlin zu tun.

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Der Probelauf in Berlin wird nach Ansicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) vorerst auch nur begrenzt Auskunft über den Nutzen geben können. Die Polizei bekommt 20 Geräte, die sollen in der Direktion 5 – Nord-Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte – eingesetzt werden.

Die Feuerwehr bekommt zehn Geräte. Die GdP spricht daher von einem „politischen Placebo“ – die Polizei bekomme ein paar Geräte, während bei jedem Einsatz unzählige Smartphones auf sie gerichtet sind. Allerdings soll die Anzahl der Körperkameras stufenweise aufgestockt werden.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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