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Die Nationalmannschaft und ihr Luxusproblem : Ilkay Gündogan will mehr

Ilkay Gündogan hat trotz seiner Klasse in der Nationalmannschaft noch keine prägende Rolle gespielt. Das soll sich bei der EM in diesem Sommer ändern.

Die Nationalmannschaft und ihr Luxusproblem : Ilkay Gündogan will mehr

Endlich mittendrin. Ilkay Gündogan (Mitte) hat von rund 120 Spielen seit seinem Debüt in der Nationalmannschaft nur 44 bestritten….Foto: dpa

Nach fast zehn Jahren als Mitglied der Fußball-Nationalmannschaft wird Ilkay Gündogan derzeit eine ganze besondere Behandlung zuteil. Er hat jetzt einen eigenen Chauffeur, der ihn zu den Trainingseinheiten bringt. Aber das ist weniger der Anzahl seiner Länderspiele, der Treue zum DFB oder seinen herausragenden fußballerischen Qualitäten geschuldet. Es liegt allein daran, dass Ilkay Gündogan als Profi von Manchester City in der mutmaßlichen Heimat der sogenannten britischen Mutante des Coronavirus lebt und arbeitet.

Für seinen Aufenthalt in Deutschland hat das gravierende Folgen. Gemeinsam mit vier weiteren Spielern aus der Premier League bildet Gündogan jetzt bei der Nationalmannschaft ein Team im Team, das noch strikter isoliert wird als seine Kollegen. Im großen Essenssaal hat die Gruppe aus England einen Katzentisch irgendwo in der Ecke zugewiesen bekommen. Dem Mannschaftsbus folgt Team GB im eigenen Mini-Van, und die meiste Zeit verbringt Gündogan allein auf seinem Zimmer.

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Ob das jetzt, da die britische Mutante längst auch das Festland erobert hat, alles in dieser Form noch notwendig ist, fragt sich vermutlich nicht nur Ilkay Gündogan. Aber: „Es ist eine Ausnahmesituation“, sagt er. „Wir spüren eine gewisse Verantwortung, weil wir nichts falsch machen wollen.“

Auch auf dem Platz rückt Gündogan inzwischen mehr und mehr in eine Ausnahmestellung, immer stärker drängt er auch bei der Nationalmannschaft in eine Rolle, die eine gewisse Verantwortung für das große Ganze einschließt. Das könnte auch an diesem Mittwoch im WM-Qualifikationsspiel gegen Nordmazedonien (20.45 Uhr, live bei RTL) der Fall sein. „Ilkay Gündogan wird Kapitän sein, wenn er von Beginn an spielt“, sagt Bundestrainer Joachim Löw.

Gegen Nordmazedonien ist Gündogan Kapitän

Der Mittelfeldspieler aus Manchester hat ohne Frage das Format für diese Rolle. Er ist ein kluger Kopf, eloquent, fußballerisch über jeden Zweifel erhaben, und mit seiner reichen Erfahrung besitzt er auch die nötigen Schwere für dieses Amt. Gündogan, 30 Jahre inzwischen, ist einer der letzten Verbliebenen aus der Weltmeister-Generation von 2014 – ohne selbst Weltmeister gewesen zu sein.

Um zu erkennen, dass er ein Überlebender aus einer vergangenen Epoche ist, muss man sich nur einmal anschauen, wer Gündogans Kollegen zu Beginn seiner Karriere in der Nationalmannschaft waren. In August 2011, zu einem Freundschaftsspiel gegen Brasilien, hat Löw den damaligen Dortmunder erstmals in seinen erlauchten Kreis geladen. Christian Träsch stand damals in der Startelf, Simon Rolfes wurde in der zweiten Halbzeit eingewechselt, und Tim Wiese verbrachte den Abend neben ihm auf der Ersatzbank.

Ilkay Gündogan, 20 Jahre alt und gerade vom 1. FC Nürnberg zum Meister Dortmund gewechselt, galt damals als eines der größten Versprechen im deutschen Fußball. Und wenn man ehrlich ist, hat sich daran zehn Jahre später nichts Grundlegendes geändert. Von den rund 120 Länderspielen seit seinem Debüt hat Gündogan 44 bestritten, weniger als Joshua Kimmich, der erst knapp fünf Jahre später erstmals für die Nationalmannschaft zum Einsatz kam.

Nur ein Einsatz bei großen Turnieren

„Der Ilkay ist außergewöhnlich gut, ein außergewöhnlich guter Stratege“, sagt Bundestrainer Joachim Löw. Doch wer seine Geschichte erzählt, der muss sie fast zwangsläufig als eine Geschichte der verpassten Möglichkeiten erzählen. Trotz seiner herausragenden Veranlagung kommt Gündogan bisher auf exakt einen Einsatz bei einer EM- oder WM-Endrunde. Bei der Weltmeisterschaft 2018 wurde er im Vorrundenspiel gegen Schweden nach einer halben Stunde für den verletzten Sebastian Rudy eingewechselt.

Inzwischen aber bekommt seine Geschichte, die maßgeblich von Verletzungen geprägt war, einen zunehmend heitereren Grundton. „Ilkay ist in einer super Form“, sagt Manuel Neuer. In der derzeit vermutlich stärksten Vereinsmannschaft der Welt ist Gündogan gerade die vielleicht auffälligste Figur. Zwölf Tore hat er in dieser Saison bereits für ManCity erzielt – in den vier Spielzeiten zuvor waren es insgesamt nur 15. Für Antonio Rüdiger, der mit dem FC Chelsea ebenfalls in der Premier League spielt, ist Gündogan daher aktuell sogar der beste deutsche Fußballer überhaupt.

„Grundsätzlich sollte man Antonio Rüdiger nie widersprechen“, sagt Gündogan im Scherz. Aber mit solch plakativen Äußerungen kann er eher wenig anfangen. Auch mit der Frage, ob er gerade in der Form seines Lebens sei. „Würde ich nicht mit ja beantworten, aber ich fühle mich gerade sehr wohl“, sagt er. Durch die Tore bekomme er einfach viel mehr Aufmerksamkeit. „Das ist okay, das ist vielleicht auch gut so. Aber es ist nicht das, was mir wichtig ist. Mir geht es darum, wie ich spiele.“

Vier Top-Spieler aus Top-Klubs für drei Plätze im Mittelfeld

Und so paradox das klingen mag: In der Nationalmannschaft wird es auch weiterhin darum gehen, ob er überhaupt spielt. Noch im November hat Gündogan gesagt: „Ich sehe mich nicht als Stammspieler, wenn ich ganz ehrlich bin. Ich möchte Stammspieler sein.“ Inzwischen klingt er etwas forscher, wenn er über seine Situation im Nationalteam spricht: „Ich bin selbstbewusst genug, um zu sagen, dass ich die Qualität habe zu spielen – und auch spielen sollte. Aber das Gefühl hatte ich immer, auch 2018.“

Gegen Nordmazedonien könnte Gündogan zum sechsten Mal hintereinander bei einem Länderspiel in der Startelf stehen. Das wäre für ihn zum einen eine Premiere, zum anderen aber auch der Abwesenheit von Toni Kroos geschuldet, der mit ihm um einen Platz im Mittelfeld konkurriert. Manche halte Kroos inzwischen für überflüssig. Der Bundestrainer aber zählt definitiv nicht dazu. „An der Qualität von Toni Kroos werden wir doch jetzt nicht anfangen zu zweifeln“, sagt Löw.

Für die drei Plätze im zentralen Mittelfeld gibt es mit Joshua Kimmich und Leon Goretzka von den Bayern, Kroos von Real Madrid und eben Gündogan von Manchester City vier Bewerber von drei absoluten Top-Klubs des europäischen Fußballs. Das könne für die Nationalmannschaft nur gut sein, findet Ilkay Gündogan. „Jetzt liegt es am Bundestrainer, möglichst viele Spieler gemeinsam auf den Platz zu bringen.“ Es hört sich nicht so an, als beneidete er Joachim Löw um diese Aufgabe.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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