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Die Feinde des Waldes : Rehe und Hirsche sollen stärker gejagt werden

Bundesagrarministerin Julia Klöckner will das Jagdgesetz modernisieren und mehr Wild abschießen lassen. Ausgerechnet die Jäger sind dagegen.

Die Feinde des Waldes : Rehe und Hirsche sollen stärker gejagt werden

Lust auf Grünzeug: Auch Hirsche knabbern gern an Zweigen, Blättern und Knospen.Foto: imago images / Jan Eifert

Wenn Georg Schirmbeck durch den Wald geht, ist das für ihn kein Vergnügen. Neulich war er in der Nähe von Frankfurt unterwegs. 40 Hektar Buchenwald, „jeder Baum war verbissen“, erzählt er.

Im Teutoburger Wald, wo einst Hermann, der Cherusker, die Römer vertrieben hat, hat es die jungen Bäumchen erwischt, mit denen der vertrocknete, geschädigte Wald wieder aufgepflanzt werden sollen. Am Freitag war Schirmbeck vor Ort und entsetzt: Alle Pflänzlinge waren von Wildtieren angebissen, sagt er. Auch sein eigenes Land in der Nähe von Osnabrück ist betroffen: Kaum hatte Schirmbeck frisch gepflanzt, waren 14, 15 Rehe da und futterten. „Das ist nicht mehr lustig“, sagt der Forstwirt.

Schirmbeck spricht nicht für sich allein. Der langjährige Bundestagsabgeordnete ist Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates, in dem Waldbesitzer, Bauern, Wissenschaftler und Forstleute vertreten sind. Sie fordern seit langem, dass die Politik den Wald besser schützt.

“Die Jäger müssen die Finger krumm machen”

Neben Dürre, Stürmen und dem Borkenkäfer setzt dem Wald besonders das Schalenwild zu. Rehe und Hirsche fressen Knospen, Blätter und Zweige. Besonders gern bedienen sie sich an jungen Pflanzen. Und weil sie die Abwechslung schätzen, laben sie sich bevorzugt an den ganz neuen Bäumchen, die als klimaresistente Aufforstung gedacht sind. Die Lösung: „Die Jäger müssen die Finger krumm machen“, fordert Schirmbeck. „Auch wenn man die Abschussraten verdoppelt, sterben die Rehe nicht aus“, sagt er.

Die Feinde des Waldes : Rehe und Hirsche sollen stärker gejagt werden

Wald in Not: Große Flächen sind durch Dürre, Stürme oder Schädlinge zerstört.Foto: dpa

Ministerin Klöckner schlägt einen Abschusskorridor vor

Schirmbecks Parteifreundin Julia Klöckner (CDU) versucht, das Problem mit einem Kompromiss zu lösen. Am Mittwoch verabschiedete das Kabinett ihren Gesetzentwurf für eine Novelle des Bundesjagdgesetzes. Die Agrarministerin will, dass Jagdpächter und Waldbesitzer vor Ort einen Korridor für den Abschuss festlegen. Sollten sie sich nicht einigen, sollen ein Vegetationsgutachten (wie geht es den Bäumen?) und eine Lebensraumanalyse (wo leben die Tiere?) in Auftrag gegeben werden. Hilft auch das nicht, sollen die Jagdbehörden Vorgaben für die nötigen Abschüsse von Rehen machen.

Die Feinde des Waldes : Rehe und Hirsche sollen stärker gejagt werden

Wählerisch: Rehe freuen sich, wenn neue Bäume gepflanzt werden. Sie lieben Abwechslung.Foto: picture alliance / dpa

„Die Wiederaufforstung der Wälder muss ein Erfolg werden“, mahnte Klöckner am Mittwoch. Immerhin geben Bund und Länder dafür 1,5 Milliarden Euro aus. 285.000 Hektar müssen wieder aufgeforstet werden, weil Schädlinge, Trockenheit und Stürme dem Wald den Garaus gemacht haben. Aber: „Bundesweit sind 33 Prozent der jungen Bäume verbissen“, ärgert sich die Ministerin.

Unversöhnliche Positionen

Monatelang hatten Waldbesitzer und Jäger über die Reform gestritten – mit „unversöhnlichen Positionen“, wie Klöckner berichtet. Anfang September hatte sie die Verbände zu einem Spitzengespräch eingeladen. Mit dem jetzt vorgestellten Kompromiss kann Schirmbeck leben.

Der Deutsche Jagdverband hält den Entwurf dagegen für „in Tendenzen wildfeindlich“. Es entstehe der Eindruck, dass der notwendige Waldumbau nur mit dem Gewehr gelingen könne, kritisierte Verbandsvize Ralph Müller-Schallenberg. Dabei seien in erster Linie die Waldbauern gefragt, ihre Pflanzen zu schützen – etwa mit Zäunen.

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Tierschützer lehnen Pläne ab

Die Reform schafft ungewöhnliche Allianzen. „Wir können es uns im Angesicht der Klimakrise nicht leisten, die natürliche Verjüngung der Wälder weiter insbesondere durch zu hohe Rehbestände zu gefährden“, unterstützt Olaf Brandt, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz, die Waldbesitzer.

Tierschützer sehen die Novelle dagegen kritisch: In einem offenen Brief an Klöckner forderten der Deutsche Tierschutzbund und zahlreiche weitere Verbände bereits Anfang September alternative, mildere Maßnahmen als das Töten der Wildtiere. Die Jagdzeit sollte deutlich verkürzt und zwischen den Bundesländern harmonisiert werden, zudem sollten wildtierfreundliche Übergangszonen von der Flur in den Wald gefördert werden. Auch gegen weitere Vorgaben im Entwurf wehren sich die Tierschützer: Klöckner will den Einsatz von Nachtsichtgeräten und Infrarottechnik erlauben. Das richtet sich vor allem gegen die Wildschweine, die im Rahmen der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest in großem Stil geschossen werden sollen.

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Gefährdet: Seeadler erleiden Bleivergiftungen.Foto: picture-alliance/ dpa

Das Bundesjagdgesetz ist seit 1976 nicht mehr modernisiert worden. In der vergangenen Legislaturperiode ist eine Reform gescheitert. Der Entwurf enthält daher zahlreiche Punkte. So soll unter anderem die Jägerausbildung vereinheitlicht und modernisiert werden, Tellereisen sollen genauso verboten werden wie fangbereite Fallen für Greifvögel.

Weniger Blei in der Munition

Wichtig auch: Um Menschen, die viel Wildbret essen, und Schwangere zu schützen, soll der Bleigehalt in der Munition für Büchsen gesenkt werden, kündigte Klöckner an. Das ergänzt ein Verbot auf EU-Ebene für bleihaltige Schrotmunition in Feuchtgebieten, auf das sich Anfang September die EU-Mitgliedstaaten geeinigt hatten. Mit dem Verbot soll der massenhafte Tod von Wasservögeln beendet werden, die die winzigen Bleischrotkörner aufpicken. Greifvögel werden vergiftet, wenn sie Aas oder Innereien mit hohem Bleigehalt fressen.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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