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Der Hund, der harte Knast-Jungs weich macht

Der Hund, der harte Knast-Jungs weich macht

Felix (19) freut sich jedes Mal, wenn Hund Alwin in den Knast kommt und holt sich Kuscheleinheiten
Foto: Stefanie Herbst

Ein Hund hinter Gittern für die dunkle Seele. Einmal pro Woche bekommen junge Straftäter der Jugendstrafanstalt (JSA) in Plötzensee Besuch eines Vierbeiners. Alwin, ein 15 Jahre alter Vizsla-Rüde, sorgt für Abwechslung und Hilfe im Gefängnisalltag.

Eine Stunde lang lässt er sich streicheln, apportiert Bälle, geht bei Fuß. Immer einmal rund um den Freistundenhof am Haus 8 – dem Drogenfachbereich. 64 Plätze gibt es hier, davon ist derzeit rund die Hälfte belegt. Wer hier sitzt, ist nicht nur kriminell, sondern hat selbst ein Suchtproblem.

Ahmed (23) und Felix (19) verbüßen beide wegen Drogendelikten eine Jugendstrafe von knapp zweieinhalb Jahren. Sie leben in derselben Wohngruppe und dürfen sich heute um Alwin kümmern.

„Ich hatte als Jugendlicher einen deutschen Schäferhund“, sagt Ahmed, während er die Leine von Mark Schulze Steinen (51) übernimmt und Alwin durch das Fell krault.

„Eigentlich wollte ich mal Tierarzt werden. Ich mag Hunde.“ Mit seinem kleinen Bruder ist er 2015 aus dem syrischen Bürgerkrieg nach Berlin geflohen, kam hier auf die schiefe Bahn. „Ich hab Mist gebaut“, sagt er, „aber wenn ich frei bin, will ich eine Ausbildung machen. Vielleicht als Tierpfleger.“

Seit sieben Jahren kommt Alwin als ehrenamtlicher Besuchshund mit Herrchen Mark in die JSA. „Aber ich mache gar nicht viel“, sagt er, „Alwin hat die ganze Arbeit.“ Gemeinsam haben die beiden eine Ausbildung zum Begleithund bei den Berliner Maltesern gemacht. „Eigentlich geht man nach der Abschlussprüfung in ein Seniorenheim“, sagt der Dramaturg und Fotograf aus Friedrichshain, „aber ich wollte etwas anderes mit Alwin machen. Etwas mit jungen Menschen.“

Der Hund, der harte Knast-Jungs weich macht

Auch im Gefängnis ist der Hund der beste Freund des Menschen (Foto: Stefanie Herbst)

In der JSA stieß er auf offene Ohren, Alwin wurde der erste Hund, der hinter die Gefängnismauern durfte. Mittlerweile gibt es auch Therapiehunde, die ebenfalls für die Resozialisierung der Insassen eingesetzt werden. Seitdem gehört er zu den Stars im Knast.

„Er ist ein Aggressionshemmer“, sagt sein Herrchen. „Er ist sehr kontakfreudig und macht auch harte Jungs ganz weich und locker.“ Selbst die ganz harten. Vor ein paar Jahren haben die beiden einen jungen Häftling besucht, der unter Verdacht stand, eine Bekannte ermordet zu haben. „Ich selbst fand ihn schon ein wenig bedrohlich, aber mit Alwin war er sehr umgänglich. Ganz klar und zugewandt.“

Normalerweise weiß er aber nicht, warum die jungen Männer verurteilt wurden. „Ich frage auch nicht nach. Das Wichtigste ist, den Insassen ohne Vorbehalte zu begegnen. So wie Alwin eben.“

Sein Fazit der letzten sieben Jahre: „Jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient.“ In diesem Sommer leitet er in der JSA auch einen Foto-Kurs für Häftlinge.

Der Hund, der harte Knast-Jungs weich macht

Vizsla Rüde Alwin besucht mit seinem Herrchen Mark Schulze Steinen regelmäßig die Insassen der Jugendstrafanstalt Berlin (Foto: Stefanie Herbst)

Im Normalfall bekommen zwei Insassen Besuch von Alwin. Zum Programm gehören Ballspiele, Fellpflege und natürlich Streicheleinheiten und jede Menge Leckerlis. Alwins hohes Hundealter ist hier von Vorteil: „Er ist nicht der Jüngste, aber die Jungs merken, wenn er ins Hecheln oder an seine Grenzen kommt und legen dann meist intuitiv eine Pause ein“, sagt Herrchen Mark.

Wer in den Genuss von Alwin kommt, bestimmen die Justizbeamten. „Ich suche die Jungs danach aus, dass es passt. Sodass zum Beispiel einer eher unten und einer eher oben in der Hierarchie steht“, sagt der Justizvollzugsbeamte Förster (49). „So entwickeln sich Beziehungen, die sonst nicht zustande kämen.“

In der Jugendstrafanstalt steht nicht Strafe, sondern Erziehung im Mittelpunkt. Die Insassen holen ihren Schulabschluss nach, machen eine Ausbildung. Das Ziel: in Zukunft ein straf- und drogenfreies Leben zu führen. Der Aufenthalt soll für die „Gefangenen erzieherisch sinnvoll sein“, heißt es in den Leitlinien der JSA.

Förster arbeitet seit 15 Jahren in der JSA und freut sich über den Helfer auf vier Pfoten: „Da ist ein Lebewesen, das Aufmerksamkeit braucht. Das ist eine tolle Abwechslung vom Alltag, in dem vieles fremdbestimmt ist“, sagt er. „Die Jungs vergessen da für eine Stunde ihre Probleme, viele hatten früher selbst Tiere und erinnern sich.“

Felix, der sich heute ebenfalls um Alwin kümmert, hatte vor seiner Zeit im Gefängnis selbst einen Hund. Nach Verbüßung der Haftstrafe wartet er auf ihn. „Meine Freundin passt auf ihn auf“, sagt er und bürstet Alwin das helle Fell. „Sie hat mich auch überredet, mich zu stellen. Ich war nach der Verurteilung erst mal abgehauen. Aber sie sagte, das geht nicht, wenn wir eine Zukunft haben wollen.“

Die Stunde mit Alwin ist für ihn eine schöne Ablenkung. „Man kann sich um ihn kümmern, das ist ein gutes Gefühl“, sagt Felix, „und von Tieren bekommt man bedingungslose Zuwendung.“

Eine Quelle: www.bz-berlin.de

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