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Der Film “Driveways” : Der alte Mann und das Kind

Das Sozialdrama “Driveways” setzt dem US-Kinoveteranen Brian Dennehy ein Denkmal, in einer berührenden Geschichte über Einsamkeit und Freundschaft.

Der Film "Driveways" : Der alte Mann und das Kind

Der Korea-Veteran den (Brian Denney) und der Nachbarsjunge Cody (Lucas Jaye) freunden sich an.Foto: Tobis Film

Cody ist ein vorsichtiges Kind. Wenn er an der Wand einer Rasthoftoilette „Don’t fucking read this“ liest, senkt er den Kopf. Auf die Zigarette, die seine Mutter gerade geraucht und ausgetreten hat, tritt der Achtjährige (Lucas Jaye) lieber nochmal drauf. Ihr Spitzname für ihn: „Professor“.

In „Driveways“ ist Cody das Bindeglied zwischen seiner alleinerziehenden Mutter Kathy (Hong Chau) und den übrigen Menschen des Viertels, in dem die beiden zu Beginn des Films ankommen. Auch zu dem Rentner und Korea-Veteran Del (Brian Dennehy), der sie von der Veranda nebenan beobachtet. Es dauert nicht lange, bis der alte Mann und der Junge Freunde werden.

Eigentlich passiert nicht viel in den gut 80 Minuten von „Driveways“. Dennoch steckt eine ganze Menge drin in Andrew Ahns Film. der wie ein Mosaik ein Bild der US-amerikanischen Gesellschaft ergibt.

In der Nachbarschaft wohnen Familien mit mexikanischem Background neben klassischen weißen Vorstadt-Amerikaner:innen wie Linda (Christine Ebersole). Im ersten Gespräch mit Codys Mutter erwähnt sie den Kinderreichtum der mexikanischen Familien – „Ich will nicht rassistisch klingen, aber …“ – und fragt dann, wo Kathy, die augenscheinlich asiatische Wurzeln hat, eigentlich herkomme. „Michigan“, antwortet diese.

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Die Autorin Hannah Bos und ihr Drehbuchpartner Paul Thureen finden elegante Wege, die Vorgeschichte der Figuren zu enthüllen: die bescheidenen Verhältnisse, in denen Cody und Kathy leben, die Abwesenheit seines Vaters, den lange schwelenden Streit der Mutter mit ihrer Schwester. Nun ist die Schwester tot, Kathy räumt ihr Haus aus und stellt fest, dass sie ihre nächste Verwandte nicht kannte. Die Schwester lebte zurückgezogen und hortete, was ihr wichtig war. Ihr war eine ganze Menge wichtig.

Alle sind Einzelgänger, irgendwie ins Alleinsein hineingeraten

Andrew Ahn („Spa Night“) erzählt in seinem zweiten Film vom Altwerden wie vom Erwachsenwerden. Beide Ebenen stellt der koreanisch-amerikanische Regisseur mit stiller Souveränität einander gegenüber und zeigt dabei, wie die Einsamkeit ein Leben bestimmen kann. Egal, wie alt ein Mensch ist. Cody, seine Mutter, die verstorbene Schwester, der Nachbar Del: Sie alle sind oder waren Einzelgänger, die irgendwie ins Alleinsein ein hineingeraten sind.

Ahn reiht unbewegte Einstellungen aneinander, sie entfalten einen leisen Humor. Die Kamera von Ki Jin Kim ruht auf den Gesichtern, bis selbst kleine Regungen in ihr Innerstes blicken lassen. Man könnte dem Film vorwerfen, dass er es allzu gut meint mit den Figuren und sie mit Schicksalsschlägen verschont. Doch gleichzeitig schmeckt die Handlung nie überzuckert, eher nach Alltag. Der alte Del würgt immer wieder die Unterhaltung ab, wenn er auf seine verstorbene Frau zu sprechen kommt. Er wird den gesamten Film über brauchen, bis er die Kraft aufbringt, von ihr zu erzählen.

Brian Dennehy geht vollkommen auf in seiner Rolle. Die vom Alter gebeugte Erscheinung des 1,90-Meter- Mannes und früheren Footballspielers verleiht der Figur eine zerbrechliche Präsenz. Hinter der massiven Fassade verbirgt sich eine Herzlichkeit, die einem nahegeht.

Ein schöner, zarter Epilog für Brian Denney, diesen “tough guy” des Kinos

Im April 2020 ist Dennehy mit 81 Jahren gestorben, aus Altersschwäche, wie seine Familie mitteilen ließ. Das Wissen um den Tod des Schauspielers legt sich wie ein Schleier über die Bilder. Man sieht Del abends vor dem Fernseher sitzen, seine Hand auf dem Bauch, der sich beim Atmen hebt und senkt. „Driveways“ ist ein Film voll von kleinen, sprechenden Augenblicken.

Brian Dennehy wird vor allem als tough guy des Kinos in Erinnerung bleiben. Als Kleinstadt-Sheriff, der versucht, Rambo hinter Gitter zu bringen. Als Bezirksstaatsanwalt in „Aus Mangel an Beweisen“, der nach dem Mord an einer Kollegin alles daransetzt, den Verdacht von sich abzuwälzen. Aber eben auch als Del, der durch den Kontakt zum Nachbarsjungen Cody einen Weg findet, seinen Schmerz in Worte zu fassen. Schön, dass Dennehy ausgerechnet diesen Film nun als Epilog zu seinem Lebenswerk hinterlässt.
Als VoD auf vielen Plattformen verfügbar.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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