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Bundespräsident Steinmeier zum Anschlag in Berlin : „Der Staat hat sein Versprechen auf Schutz nicht einhalten können“

Vor fünf Jahren erlebte Deutschland in Berlin den schlimmsten islamistischen Terroranschlag. Er hat Wunden gerissen, die vielleicht nie verheilen. Daran erinnerte Frank-Walter Steinmeier.

Bundespräsident Steinmeier zum Anschlag in Berlin : „Der Staat hat sein Versprechen auf Schutz nicht einhalten können“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seiner Rede in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.Foto: AFP

„Stille spricht, wenn Worte es nicht mehr können.“ Dieser Spruch steht auf der Schleife von einem der Trauerkränze, die vor der Kirchenwand liegen. Auf den Stufen des Mahnmals brennen Windlichter. Freunde, Bekannte und Angehörige der 13 Todesopfer des Terroranschlags auf dem Weihnachtsmarkt vor fünf Jahren haben Blumen und Gestecke neben die Fotos und Namen der geliebten Menschen gelegt. 

Der 19. Dezember ist ein Tag, an dem viele, die am Sonntag zum Gedenken an den Breitscheidplatz gekommen waren, das Leid, die Trauer und das Trauma wieder schmerzhaft verspüren. „Stille spricht, wenn Worte es nicht mehr können“, wiederholte Astrid Passin, Sprecherin der Opfer und der Hinterbliebenen, am Sonntagabend vor dem Mahnmal. „So fühlte es sich an, als sich dieser Ort vor fünf Jahren zum Tatort verwandelte.“ 

Angehörige, Opfer, Ersthelfer, Feuerwehr- und Polizeibeamte sowie Politiker, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und der Regierende Bürgermeister Michael Müller kamen am Abend zur ökumenischen und interreligiösen Andacht in die Gedächtniskirche. Tröstende Worte und Gebete sprachen der Katholische Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, Rabbiner Andreas Nachama und Imam Kadir Sanci.

Bundespräsident Steinmeier rief in seiner Ansprache zum Zusammenhalt auf. Der brutale Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt „galt unserer Art zu leben: in Frieden, Freiheit und Demokratie“, sagte Steinmeier. Er betonte, „dass wir uns dieses gemeinsame freie Leben nicht nehmen lassen“. Wie es die Pflicht des Staates sei, die offene und freiheitliche Gesellschaft entschlossen zu verteidigen, „so wollen wir es als Verpflichtung verstehen, zusammenzuhalten, auch wenn uns der Schmerz und die Wut über eine mörderische Tat überwältigen“.

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Der Riss sei „tief, er schmerzt bis heute“. Dieser Riss des 19. Dezember 2016 habe das Leben der Angehörigen und Opfer in ein Davor und ein Danach geteilt. Das gelte ebenso für das Bewusstsein der Gesellschaft. Diese Zäsur sei auch im Stadtbild sichtbar. 

Bundespräsident Steinmeier zum Anschlag in Berlin : „Der Staat hat sein Versprechen auf Schutz nicht einhalten können“

In der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wird ein Gottesdienst gefeiert. Foto: picture alliance/dpa/KNA-POOL

Frank-Walter Steinmeier sagte aber auch, dass man sich eingestehen müsse: „Der Staat hat sein Versprechen auf Schutz, auf Sicherheit und Freiheit nicht einhalten können.“ Er stehe in der Schuld der Verletzten und Angehörigen. Die Aufarbeitung der letzten fünf Jahre habe gezeigt, dass es Fehler gegeben habe. „Der Staat muss Fehler korrigieren, wo sie vorgekommen sind, und er muss bei neuen Erkenntnissen zur Tat auch weiter ermitteln.“ Nur so könne das Vertrauen der Menschen in ihren Staat wieder wachsen. 

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Versäumnisse habe es auch bei der Unterstützung der Betroffenen gegeben. „Die Versäumnisse blieben bitter, sie bleiben schmerzhaft.“ Es habe aber auch spürbare Verbesserungen gegeben. Er versicherte den Hinterbliebenen, dass sie mit ihrer Trauer nicht allein seien und erinnerte an Ersthelfer Sascha Hüsges, der am Tattag schwer verletzt wurde und Anfang Oktober an den Folgen verstarb. „Wir werden seinen Mut, seine Hilfsbereitschaft und seine Selbstlosigkeit in Erinnerung behalten“, sagte Steinmeier. 

Bundespräsident Steinmeier zum Anschlag in Berlin : „Der Staat hat sein Versprechen auf Schutz nicht einhalten können“

Kränze, Blumen und Lichter am Sonntag für die Opfer des Breitscheidplatz-Anschlags. Unten ist der Name des 13. Opfers Sascha…Foto: Sabine Beikler

Für Michael Müller war es eine seiner letzten Reden als Regierender Bürgermeister. Am Dienstag wird wohl seine Nachfolgerin Franziska Giffey vom Parlament gewählt werden. Müller erinnerte an den Abend, an den „schrecklichen Anblick“, als er auf dem Breitscheidplatz wenige Minuten nach dem Attentat eintraf. Die Opfer dieses fürchterlichen Anschlags „werden wir niemals vergessen“.

Dieser schwerste islamistische Terroranschlag habe „uns alle getroffen“. Damit Angehörige und Opfer eine bessere Ansprache finden, sei die Zentrale Anlaufstelle für Opfer und Betroffene von Terroranschlägen geschaffen worden. Dieser Anschlag sei ein Angriff auf „unsere“ Freiheit, Demokratie, auf die offene Gesellschaft gewesen. Zusammenhalt und Menschlichkeit seien jedoch die stärksten Feinde des Terrors.

Nach der Andacht wurden am Mahnmal die Namen der 13 Menschen verlesen, die infolge des Anschlags starben. Nicht um 20.02 Uhr, dem Tatzeitpunkt, sondern wegen eines Missverständnisses in der Kommunikation zwischen Glöcknerinnen und Pfarrer Martin Germer vier Minuten später erklangen 13 Glockentöne im Gedenken an Anna und Georgiy Bagratuni, Nada Cizmar, Fabrizia di Lorenzo, Dalia Elyakim, Lukasz Urban, Sebastian Berlin, Christoph Herrlich, Klaus Jacob, Angelika Klösters, Dorit Krebs, Peter Völker und Sascha Hüsges. Mit einem Violinenstück klang das Gedenken aus. .

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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