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Berliner Traditionsunternehmen : Schuhhaus Leiser rutscht in die Insolvenz

Das Berliner Traditionsunternehmen Leiser meldet unerwartet Insolvenz an – und hofft trotzdem auf einen schnellen Neustart. Für die 400 Mitarbeiter in Berlin und Potsdam ändert sich vorerst nichts.

Berliner Traditionsunternehmen : Schuhhaus Leiser rutscht in die Insolvenz

In Berlin und Potsdam hat Leiser 23 Filialen. Aber wie lange noch?Thilo Rückeis

Anfang März verbreitete Leiser noch Frühlingsgefühle. Mit den neuen Schuhkollektionen für Frühjahr und Sommer 2012 ziehe „Aufbruchsstimmung auf ganzer Linie“ in die Filialen des Einzelhändlers ein. „Kein Frühling ohne Blumen und Blüten“, hieß es. – Vier Wochen später ziehen düstere Wolken bei Leiser auf: Der Eigentümer, die Augsburger Bahner-Gruppe, hat für das 1891 in Berlin gegründete Unternehmen Insolvenz angemeldet. Betroffen sind 1450 Beschäftigte – 400 davon in Berlin und Potsdam.

Begründet wird die Schieflage der Traditionsfirma, die lange den Berliner Schuhhandel dominierte, mit akuten Finanzierungsproblemen. Es fehle an „Binnenfinanzierungskraft“, um zum Beispiel saisonale Schwankungen aufzufangen. Anfang März scheiterten Gespräche mit zwei potenziellen Investoren. „Die Geschäftsführung wird im Rahmen einer umfassenden Restrukturierung und Sanierung alle Anstrengungen unternehmen, die wirtschaftliche Zukunft der Gruppe nachhaltig und auf Basis einer soliden Finanzierungsgrundlage sicherzustellen“, teilte Bahner-Geschäftsführer Steffen Liebich am Freitag mit. Seit 2010 versucht der Eigentümer, mit Einsparungen im Bereich Logistik und Einkauf die Situation zu verbessern.

Für die Mitarbeiter ändert sich durch den Insolvenzantrag zunächst nichts. Der Geschäftsbetrieb geht weiter, Leiser beantragte Insolvenzausfallgeld bei der Arbeitsagentur, um die Löhne für drei Monate weiterbezahlen zu können.

Leiser hat in Berlin und Potsdam 23 Filialen, die ebenfalls von der Insolvenz betroffene Partner-Marke Schuhhof 15 Geschäfte. Bundesweit sind es zusammen 132. Bereits am vergangenen Freitag hatte die Geschäftsführung beim Amtsgericht Augsburg Anträge zur Einleitung von Insolvenzplanverfahren sowie auf Eigenverwaltung gestellt, wie das Gericht am Freitag bestätigte. Bis zum 23. Juni muss nun ein Insolvenzplan vorliegen. In sechs bis zehn Monaten kann das Verfahren danach abgeschlossen werden.

Rechtsgrundlage für die sogenannte Eigenverwaltung ist das seit 1. März geltende ESUG-Verfahren – das „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“. Auf der Ende 2011 von der Bundesregierung beschlossenen Neuregelung ruhen die Hoffnungen der Geschäftsführer und Mitarbeiter. Denn das ESUG erlaubt es dem bisherigen Management – anders als bei klassischen Insolvenzverfahren –, unter Aufsicht von Sachverwaltern das Unternehmen selbst zu sanieren. Das soll das Verfahren beschleunigen und einfacher machen. Auch die Gläubiger werden eng in die Restrukturierung einbezogen. Einer der Leiser-Sachverwalter ist Arndt Geiwitz, der bei Schlecker als Insolvenzverwalter tätig war. Voraussetzung für eine ESUG-Genehmigung ist, dass das Unternehmen nicht zahlungsunfähig ist und ein Sanierungsplan vorliegt, der von Wirtschaftsprüfern als chancenreich testiert wurde.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi forderte die Leiser-Geschäftsführung am Freitag auf, die Arbeitsplätze bei Leiser und Schuhhof zu erhalten. „Am Fall Schlecker sieht man, was passieren kann, wenn ein Unternehmen in eine Schieflage geraten ist“, sagte Andreas Splanemann, Sprecher des Verdi-Landesbezirks Berlin-Brandenburg. Der Umbau von Leiser dürfe angesichts des „mörderischen Konkurrenzkampfes“ im Einzelhandel nicht verschleppt werden. „Es muss jetzt in die Filialen investiert werden“, sagte Splanemann. Sonst reibe sich am Ende die Konkurrenz die Hände, weil sie die Lücke fülle, die Leiser hinterlasse.

Im Berliner Einzelhandel tobt seit 20 Jahren ein Verteilungskampf. „Die Verkaufsfläche hat sich seit 1990 verdoppelt“, sagte Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des regionalen Handelsverbandes. Viele Händler arbeiteten nicht profitabel. Im Internet sei zudem ein neuer Vertriebskanal für Kleidung und Schuhe entstanden – auch im höheren Preissegment. „Man hat gedacht, dass sich Schuhe nicht online verkaufen lassen“, sagte Busch-Petersen. „Aber es funktioniert.“ Quereinsteiger aus anderen Handelsbereichen machten dem Bekleidungseinzelhandel das Leben mit Sortimentserweiterungen zusätzlich schwer. „Der Druck auf die etablierten Strukturen wird größer“, sagte Busch-Petersen. Die drohende Pleite von Leiser sei aber gleichwohl kein „Ausdruck einer tiefen Krise“ in Berlin. Es gebe nach wie vor viele Neueröffnungen und Existenzgründungen.

Der deutsche Einzelhandel insgesamt kämpft mit schrumpfenden Umsätzen: im Februar sanken sie bereits den fünften Monat in Folge um 0,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Preisbereinigt (real) fiel das Minus mit 1,1 Prozent noch größer aus.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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