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Berliner Kältehilfe hat trotz Hilfe große Probleme : „Medizinische Versorgung der Obdachlosen ist sehr schlecht“

Die Kältehilfe hat am 1. November mit ihrem umfassenden Hilfsprogramm begonnen. Aber sie beklagt die mangelhafte medizinische Versorgung der Betroffenen.

Berliner Kältehilfe hat trotz Hilfe große Probleme : „Medizinische Versorgung der Obdachlosen ist sehr schlecht“

In der kalten Jahreszeit sind Obdachlose besonders auf Hilfe angewiesen.picture alliance/dpa

Der Weg in den absolut geschützten Bereich führt durch eine Glastür. Er liegt im ersten Stock der früheren Gerhard-Hauptmann-Schule in Kreuzberg, er liegt günstig, weil dort nach einem Notruf sofort Hilfe aus dem Erdgeschoss kommen kann. Obdachlose Frauen werden in diesem Bereich wohnen, insgesamt 26 Betten stehen zur Verfügung, dazu ein Badezimmer. Männern ist der Zutritt strikt verboten.

Auf den übrigen beiden Etagen stehen die Betten für die obdachlosen Männer, insgesamt 80 Plätze bietet die Notunterkunft in dem ehemaligen Schulgebäude, betrieben von den Johannitern.
Am Montag ist die Notunterkunft eröffnet worden, sie gehört zu dem umfassenden Angebot der Berliner Kältehilfe mit rund 1000 Plätzen für Obdachlose. Seit 1. Oktober haben bereits 500 Plätze zur Verfügung gestanden.

Verschiedene Hilfsorganisationen kümmern sich unter Federführung des Paritätischen Wohlfahrtsverbands wieder darum, dass obdachlose Menschen in der kalten Jahreszeit nicht erfrieren. „Jeder hat die Pflicht, Obdachlose in der Nacht anzusprechen und zu fragen, ob sie Hilfe benötigen“, sagte Gabriele Schlimper, die Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, am Montag bei der Vorstellung der Kältehilfe-Projekte in der früheren Kreuzberger Schule.

Immerhin gibt es auch in diesem Winter wieder rund 200 Plätze in Notunterkünften, in denen die Betroffenen rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, bleiben können. Dieses Angebot gab es schon im vergangenen Jahr, weil wegen Corona Cafés und Wärmestuben geschlossen bleiben mussten.

Die Spuren von Corona sind auch in diesem Winter spürbar

Auch in diesem Jahr spürt man die Folgen von Corona, Unterkünfte können deshalb nur einen Teil ihrer üblichen Plätze anbieten, doch die weggefallenen Betten, sagte Gabriele Schlimper, konnten durch Ersatzlösungen kompensiert werden. Sie forderte aber mehrere Bezirke dazu auf, ihr Engagement bei der Unterbringung von wohnungs- und obdachlosen Menschen deutlich zu erhöhen.

Probleme gibt es trotz der 1000 Plätze genug. Geschätzt wird, dass 3000 bis 5000 Obdachlose in der Stadt leben, die genaue Zahl kennt niemand. Nicht jeder von ihnen möchte allerdings auch in einer Notunterkunft übernachten.

Medizinische Versorgung ist ein Problem

Ein großes Problem, sagte Christian von Wissmann, Arzt bei den Johannitern, „ist die medizinische Versorgung der Obdachlosen. Die ist sehr schlecht.“ Es gebe zwar „einige Arztpraxen, mit denen wir kooperieren, aber dann tauchen als Hindernisse oft Sprachbarrieren auf“. Dauerhafte medikamentöse Therapien seien auch nur möglich, weil ein Unternehmen viele Medikamente gespendet habe.

Auch Termine für Nachuntersuchungen könnten Obdachlose „wegen Sprachbarrieren und Suchterkrankungen sehr schlecht einhalten“. Dabei verhielten sie sich oft nach dem Motto: „Meinem Magen geht es etwas besser, also muss ich nicht zur Nachuntersuchung.“

Ein Problem sei auch die Einweisung von kranken, nichtversicherten Menschen in Krankenhäuser. Das funktioniere oft nur aufgrund persönlicher Beziehungen. „Man muss dann richtig betteln.“ Doch selbst wenn ein Betroffener im Krankenhaus behandelt worden sei, gingen die Probleme weiter. „Die Menschen werden oft schnell entlassen mit dem Hinweis, den Verband könne auch der Hausarzt wechseln.“

Zu wenig Beratungsstellen für Menschen mit psychischen Problemen

Doch in Notübernachtungen sei das häufig nicht möglich. Und häufig beklagten Obdachlose, sie seien in Wartezimmern nicht erwünscht. Obdachlose müssten einen besseren Zugang zur Regelversorgung erhalten, auch wenn sie nicht versichert seien. Gabriele Schlimper vom Paritätischen Wohlfahrtsverband forderte, dass niedergelassene Ärzte verpflichtet werden müssten, auch Obdachlose zu behandeln.

Von Wissmann kritisierte auch, dass es für die große Zahl der Obdachlosen in der Hauptstadt nur eine „psychologische Beratungsstelle gebe. „Das ist viel zu wenig, weil es viele Menschen mit psychischen Problemen gibt“.

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Auch habe es im vergangenen Winter Probleme gegeben, Obdachlose, die positiv auf Corona getestet worden seien, zu isolieren. „Wir konnten sie dann zum Glück in die Lehrter Straße fahren.“ Dort unterhält die Stadtmission 20 Isolierzimmern sowie eine Quarantänestation mit insgesamt 16 Plätzen. Sowohl Isolierzimmer als auch Quarantänestation stehen auch in diesem Jahr wieder zur Verfügung. In den Hochzeiten der Pandemie waren alle Plätze ausgelastet. In die Quarantänestation der Stadtmission kommen in erster Linie Menschen, die der Amtsarzt des Bezirks Mitte eingewiesen hat.

Barbara Breuer, die Pressesprecherin der Stadtmission, erklärte, auch ihre Einrichtung habe registriert, dass es mehr Menschen als früher mit psychischen Problemen gebe. Die Stadtmission beschäftigt vier Psychologen, die sich um solche Menschen kümmern.

Die Kältehilfe ist über die Telefonnummer 030-690333690 erreichbar. Bei erkennbaren Notfällen sollte man sofort die Feuerwehr (112) oder die Polizei anrufen.

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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