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Ausgangssperre-Kontrollen? Kaum in Berlin

Ausgangssperre-Kontrollen? Kaum in Berlin

Nachts auf dem Potsdamer Platz – außer dem B.Z.-Reporter ist hier niemand unterwegs. Journalisten dürfen wie Taxi- und Uberfahrer auch nachts ihrer Arbeit nachgehen
Foto: Olaf Selchow

Von 22 Uhr bis 5 Uhr gilt in Berlin aufgrund der bundesweiten Coronaverordnungen Sperrstunde. Aber wird das auch kontrolliert? B.Z. ist eine Nacht lang, von 23 bis 5 Uhr, durch Berlin gefahren, um zu schauen, ob diese Sperrstunde auch eingehalten und durchgesetzt wird.

► 23 Uhr: Die Straßen sind sehr leer. Vereinzelt fahren Taxis und Uberfahrer vorbei. Es ist 8 Grad Celsius, also eher kühl, vielleicht hängt es auch damit zusammen.

► 23.30 Uhr: Ein junger Mann mit blauer Trainingsjacke und Bauchtasche wird von Beamten am Bahnhof Zoo durchsucht. Ein Polizist beleuchtet mit einer Taschenlampe den Boden um ihn herum. Offenbar geht er davon aus, dass der junge Mann Drogen fallen gelassen hat. Dann lassen die Beamten ihn laufen. Von 22 bis 24 Uhr darf man eigentlich nur zum Sport draußen sein, aber wie ein Jogger sah der junge Mann nicht aus.

Ausgangssperre-Kontrollen? Kaum in Berlin

Ein junger Mann wird am Bahnhof Zoo durchsucht (Foto: Olaf Selchow)

► 23.45 Uhr: Die etwa 20 Obdachlosen, die unter der Brücke am Bahnhof Zoo leben, brüllen sich an. Es gab eine Schlägerei. Mehrere Beamte der Bundespolizei, die hier am Bahnhof zuständig ist, beobachten zusammen mit Kollegen der Landespolizei die Szene. Dann steigen sie wieder in ihre Wannen. Als die Männer in Blau wieder in ihre Wagen gestiegen sind, schreit eine Obdachlose mit heiserer Stimme: „Ich will eine Anzeige aufnehmen!“

Wird die Notbremse eigentlich mit Kontrollen durchgesetzt, fragen wir einen Beamten. „Die Kollegen machen das nach Augenmaß“, sagt er. 

Ausgangssperre-Kontrollen? Kaum in Berlin

Polizisten beobachten eine Auseinandersetzung zwischen Obdachlosen am Zoo (Foto: Olaf Selchow)

► 0.30 Uhr: Mehrere Polizeistreifen rasen mit Blaulicht zur Potsdamer Straße. Hier gab es einen Streit im Trinkermilieu. Ein schwer alkoholisierter Mann sitzt mit aufgeschlagenem Knie auf dem Bürgersteig, Beamte stehen um ihn herum und versuchen herauszufinden, welche Sprache er spricht. Neben dem Mann steht eine Frau, offenbar seine Freundin. Der Hausmeister eines nahen Hochhauses geht mit drei Polizisten ins Gebäude. Was war hier los? „Hausfriedensbruch“, sagt ein Beamter. „Das hat nichts mit Corona zu tun.“ Die Beteiligten der Auseinandersetzung werden in zwei Gefangenentransportern auf eine Wache gefahren. Wahrscheinlich zum Ausnüchtern.

Werden auch manchmal Autos kontrolliert? Von 22 bis 5 Uhr darf man nur noch in Notfällen oder für die Arbeit auf der Straße fahren. „Kaum“, sagt der Beamte. „Die Meisten sind doch beruflich unterwegs und seien es unsere Kollegen von der Nachtschicht, die nach Hause fahren.“

Ausgangssperre-Kontrollen? Kaum in Berlin

Der Mann am Boden hat ein blutendes Knie (Foto: Olaf Selchow)

Ausgangssperre-Kontrollen? Kaum in Berlin

Ein Gefangenentransporter kommt, um den schwer betrunkenen Mann abzuholen (Foto: Olaf Selchow)

► 1.11 Uhr: Ein kleiner Polizei-Opel, Objektschützer der Polizei, rollt gemächlich auf der Neuköllner Sonnenallee entlang. Es sind Beamte, die etwa jüdische Einrichtungen vor Anschlägen oder die Wohnungen von Politikern beschützen. Sie haben Anderes zu tun, als die Einhaltung der Notverordnung durchzusetzen. Die Straßen sind gespenstisch leer. Es sind fast nur noch solche Objektschützer-Autos unterwegs.

► 1.40 Uhr: An der Dudenstraße nahe des Tempelhofer Felds hält eine Polizei-Wanne einen kleinen runtergerockten Smart an. Offenbar fehlt da eine TÜV-Plakette. „Wissen Sie, ich arbeite nur nachts und das Auto habe ich erst vor zwei Monaten gekauft, konnte mich noch nicht kümmern“, erklärt sich der etwa 50-jährige Fahrer. Die Beamten ermahnen ihn, sich jetzt um eine neue Hauptuntersuchung zu kümmern, sonst könne es teuer werden. „Das war eine normale Verkehrskontrolle, hatte jetzt nichts mit der Notbremse zu tun“, sagt einer.

Und er sagt: „Natürlich sollen wir auch die Einhaltung der Coronaverordnungen überwachen. Aber Sie können sich ja mal ausrechnen, wie viele Polizisten nachts unterwegs sind und wie das dann funktionieren soll.“

Ausgangssperre-Kontrollen? Kaum in Berlin

Der Mann erklärt den Polizisten, weshalb er noch keinen gültigen TÜV hat (Foto: Olaf Selchow)

► 1.50 Uhr: Offenbar wollen die Beamten der Streife nun Taten folgen lassen. Sie sprechen aus der Fahrerkabine am Marheinekeplatz in Kreuzberg einen Passanten an, der einsam und verlassen durch die Nacht läuft. Der Mann geht zügig weiter. Wir fragen ihn, was da los war. Er leicht genervt: „Ich bin einfach weitergelaufen, hatte keine Lust auf die Konfrontation.“

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► 2.20 Uhr: Fünf Streifen und ein Rettungswagen treffen am Hauptbahnhof ein. Ein Mann wird vom einer Sanitäterin behandelt, andere werden vernommen. „Das war eine Auseinandersetzung zwischen fünf Obdachlosen“, sagt ein Polizist. Streitigkeiten zwischen Menschen, die auf der Straße leben und sich somit an die Ausgangssperre nicht halten können, scheint eine der Hauptaufgaben diese Nacht zu sein.

Ausgangssperre-Kontrollen? Kaum in Berlin

Ein Rettungswagen ist für die Versorgung eines verletzten Obdachlosen an den Hauptbahnhof gefahren worden (Foto: Olaf Selchow)

► 2.55 Uhr: Ein Mann huscht mit Maske und zwei Tüten an der Oranienstraße in Kreuzberg entlang. Er guckt etwas angstvoll auf eine Polizeistreife, die vorbeifährt, ist sich offenbar bewusst, dass er eigentlich nicht draußen sein darf. Aber es ist nur der Objektschutz.

► 3.30 Uhr: Am Zoo schreit die heisere Obdachlose immer noch, sie wolle eine Anzeige stellen, schlägt mit Fäusten gegen die Tür der Bundespolizeiwache, sucht Leute, die bezeugen, dass niemand ihre Anzeige aufnehmen will. „Darf man mich einfach verprügeln und nichts passiert? Wollte ihr mich auch noch verprügeln?“, brüllt sie in Richtung einer Streife, die Pause macht. Aber niemand reagiert.

► 4.40 Uhr: Die blaue Stunde beginnt, es sind wieder ein paar Berufspendler auf den Straßen.

Ausgangssperre-Kontrollen? Kaum in Berlin

Im Osten geht die Sonne auf (Foto: Olaf Selchow)

Klar ist nach dieser Nacht: Die Allermeisten scheinen sich auch ohne Polizeikontrollen an die „Bundesregelungen zur Notbremse“ zu halten. In Berlin wird die Ausgangssperre mehrheitlich befolgt – zumindest bei kühlem Wetter.

Eine Quelle: www.bz-berlin.de

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