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Arte-Film mit Senta Berger : Ehedrama zum Geburtstag

„An seiner Seite“: Senta Berger und Peter Simonischek probieren aus, was es heißt, für den anderen Träume aufzugeben.

Arte-Film mit Senta Berger : Ehedrama zum Geburtstag

Bald eifersüchtig. Charlotte Kler (Senta Berger) ist mit ihrem Mann, dem erfolgreichen Dirigenten Walter (Peter Simonischek),…Foto: ARTE

Der Fernsehfilmtitel erinnert an das Lied, das Männer singen, wenn sie, von sich selbst ergriffen, ins Abschiednehmen geraten: „Ich hatt’ einen Kameraden … wir schritten Seit’ an Seite.“ Geändert würde das Lied zum Thema des Films „An seiner Seite“ passen, zur Egozentrik der Frauen versklavenden Männer, zur Ehekameradin, die zu seinen Füßen liegt, als wäre sie ein Stück von ihm. Fest steht, dass die Ehefrau Charlotte Kler (Senta Berger) des Stardirigenten Walter Kler (Peter Simonischek) nicht mehr wie gottgegeben an der Seite des Gemahls zu den Musiktempeln rund um den Globus schreiten möchte, um dann am Ende vor seinen Füßen zu liegen, als wäre sie ein Stück von ihm gewesen. Je älter sie wird, desto jünger wird sie im Kopf: Jetzt ist sie dran.

„An seiner Seite“ ist ein wirklich feines Stück Fernsehen (Regie: Felix Karolus, Buch: Florian Iwersen, Felix Karolus), das die Mittel der Ironie, der Sentimentalität und echter Traurigkeit einsetzt, um männliche Seelenblindheit zu bekämpfen. Zugleich ein würdiger Beitrag zum 80. Geburtstag von Senta Berger am 13. Mai, der vielseitigsten deutschen TV-Charakterdarstellerin. Es ist aus einer von Filmemacher Karolus verbürgten Anekdote entstanden, die er auf dem Weihnachtsmarkt in Halle erzählt bekam („An seiner Seite“, Freitag, Arte, 20 Uhr 15).

Ein Witwer erbittet von einer ihm nicht näher bekannten Witwe einen Eimer Gartenerde, weil seine gestorbene Ehefrau an diesem Ort als Kind glücklich gewesen war und sie im Grab das Stück Natur bei sich haben wollte. Erdspenderin und Erderbitter wurden ein Paar.

Aus der Geschichte entstand 2019 der Kurzfilm „Menuett“, den Karolus und Iwersen zum abendfüllenden TV-Film entwickelten. Am Anfang sehen wir den als eine Art kultivierten Käpt’n Iglo (bloß ohne Elbsegler) verkleideten Maestro ganz obenauf. Weißer Backenbart, weiße Haarpracht, weise Rede. Mit den Jahren aber ist der Taktgeber eitelkeitskurzsichtig geworden. Besonders für die Leistungen seiner Ehefrau Charlotte, die seine Koffer packt, Flugunterlagen zusammenhält und ihn mit den schwerwiegenden psychischen Problemen von Tochter Viola (Antje Traue) verschont.

Die Anekdote vom Weihnachtsmarkt bricht durch

Mit meisterlichen Bildern und glaubhaften Motiven (Kamera: Wolfgang Aichholzer, Szenenbild: Verena Barros di Oliveira) spart sich der Film ermüdenden Beziehungserklärungsdialog. Da schwingt Maestro-Iglos Taktstock zu Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 2. Im Gegenschnitt erscheint Senta Bergers durch Dauerlächeln nicht ganz versiegeltes Sorgengesicht.

Wird ihr schöner Frauenverstehergatte, fragen die Bilder, ihren Wunsch erfüllen, wie versprochen sich mit ihr in der Münchner Villa zur Ruhe zu setzen und das Nomadenleben durch die Welt der Musik beenden? Der beseelte Gatte, die schöne Pianistin Natalie Noirot (Petra Michelle Nerette) und die nur an sich selbst interessierte Kunst sagen Nein. Alsbald hat Charlotte zwischen den Kartons Saltimbocca zu servieren.

Für Walters Kollegen, einschließlich der Pianistin. Die nicken wohlwollend und zugleich desinteressiert, als sie erfahren, dass Charlotte ihre Klavierkarriere für ihren Mann aufgegeben hat.

Dann ist im Film Schluss mit lustig. Es wird nicht mehr gestichelt, es wird tiefer gegraben. Die Anekdote vom Weihnachtsmarkt bricht durch. Ein Mann namens Martin Scherer (Thomas Thieme) mit Eimer und thüringischem Akzent trägt den Wunsch nach Erde für das Grab seiner Frau Charlotte vor. Die, allein zu Haus, ist erst indigniert, dann gerührt. Der seltsame Ex-Ossi erweist sich als weise wie ein Pharao. Einst als Leistungsschwimmer in den Westen getürmt und dort in der Rolle eines Bademeisters zur Würde der Bescheidenheit gelangt.

Der heilige Martin lockt die ihre Unterdrückung spürende Charlotte zu den Mysterien der Altersliebe. Da wird kein Sex gezeigt, das interessiert den Film im Gegensatz zu Andreas Dresens „Wolke 9“ nicht. Der konzentriert sich auf die nicht unerotische Glut der Selbstfindung. Es dauert eine Weile, bis dem eifersüchtigen und immer nervöser werdenden Eheherren Walter die Contenance davonschwimmt. Das geerdete Paar Martin und Charlotte ist dagegen nicht aufzuhalten auf dem Weg in den ewigen Seniorenfrühling, wo niedere Gefühle keinen Platz haben. Auch nicht der scheinbar unheilbarere Zorn der Charlotte-Tochter Viola (der etwas übertrieben wirkt) und die Überbemutterung durch Martins Spross Grit (Marlene Morreis).

Es gibt im erdigen Reinigungsspiel herzige Arien. So hilft Charlotte ihrem neuen Freund beim Sortieren der Kleidung der Gestorbenen: Da kullert ein Amulett zu Boden. Das gehöre aufs Grab, sagt Martin. Das hätte die Tote Gott schenken wollen.

Die am Anfang freche Satire hat sich in Richtung „Zauberflöte“ entwickelt. Man kennt der Rache nicht. Die befreite Charlotte erkennt sich selbst und wird, oh Wunder, auch für den Ehemann sichtbar.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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