Senta Berger im Interview : „Na gut, reden wir übers Küssen“

Schauspielerin Senta Berger über Erotik beim Film und ihre Albträume. Warum die 70-Jährige jetzt mit dem Rauchen begann und nicht mit Tom Hanks spielt.

Senta Berger.Foto: dapd

Frau Berger, stimmt es, dass Sie noch Rad schlagen können?
Nur rechts herum. Links war ich immer schon schlecht, das hat mich lange geärgert. Jedenfalls habe ich es vergangenen Sommer bei uns auf der Wiese probiert, nach einer Wette. Die Beine waren vielleicht nicht ganz senkrecht durchgestreckt, aber es ging ziemlich gut.

In Ihrem neuen Film „Ruhm“ spielen Sie eine alte, unheilbar kranke Frau namens Rosalie, die zum Sterben in die Schweiz reist. Ehrlich gesagt: Wir haben Ihnen die Gebrechlichkeit nicht so recht abgenommen.
Ich wollte sie nicht zittrig spielen und keine kleinen, ängstlichen Schritte machen. Dazu ist diese Frau viel zu selbstbewusst.

Es stellt sich dann heraus, dass Rosalie eine Romanfigur ist. Sie versucht, ihren Autor davon zu überzeugen, die Geschichte umzuschreiben.
Darum geht es in „Ruhm“: Um die Möglichkeit, mit einem Federstrich ein ganzes Leben zu verändern, das heißt also auch den Tod zu streichen, und das möchten wir doch alle. Bei dem Wort Tod denke ich an meine toten Lieben, meine Eltern, meine Schwiegereltern, meine Freunde – es tut weh. Nur an meinen Tod denke ich nicht. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen.

Sie werden im Mai 71 Jahre alt, und es macht den Eindruck, als würden Sie pausenlos drehen. Dabei haben Sie schon vor langer Zeit erklärt, dass Sie sich bald zurückziehen und ausruhen wollen.
Wann war das? Ich muss übermüdet gewesen sein.

Das war im Jahr 1996.
Solche Phasen gibt es immer mal wieder. Meinen Beruf werde ich sicher nicht aufgeben, doch natürlich muss man die Realitäten sehen: Die Angebote werden weniger werden. Klar, jeder will lieber Geschichten erzählt bekommen von Leuten, denen das Schicksal noch ungewiss ist, man will leidenschaftliche Liebesbeziehungen, die einen selbst emotional berühren. So viele Geschichten finden sich für eine Frau in meinem Alter nicht.

Als Sie mit 19 bei einem Dreh Ihren Kollegen Heinz Rühmann kennenlernten und der Ihr Lampenfieber bemerkte, sagte er: „Angst ist gut in diesem Beruf. Geht sie verloren, ist das ein schlechtes Zeichen.“ Konnten Sie sich Ihre Angst bewahren?
Da kann ich den jungen Kollegen gar keine Hoffnung machen: Es wird eher schlimmer mit den Jahren. Du wirst dünnhäutiger, nervöser, du fühlst dich verantwortlicher für deine Projekte und musst sie schultern. Mir macht das Freude, aber eben auch Angst. Und es beschert mir unruhige Nächte.

Haben Sie Albträume?
Meistens welche, in denen Versagen droht. Ich stehe dann im Seiteneingang einer Theaterbühne, und jemand will mich ins Rampenlicht schieben, obwohl ich gar nicht weiß, welches Stück gespielt wird. Und hinter mir steht jemand und flüstert mir ins Ohr: Frau Berger, Sie müssen gar keine Angst haben, Sie müssen immer nur auf die Fragen antworten. Aber natürlich muss es sich reimen! Da wache ich dann regelmäßig auf.

In fast jedem Interview werden Sie darauf angesprochen, wie gut Sie „immer noch“ aussehen. Ist das nicht ein wenig sexistisch?
Dieses „immer noch“ habe ich schon mitgedacht, als ich 30 war. Damals wusste ich bereits, dass Aussehen keinen Bestand haben kann. Wobei: Ich bin immer sehr gerne hübsch gewesen. Ich fühlte mich nicht auf meine Schönheit reduziert, sie wurde mir auch nicht vorgeworfen. Ich hätte bloß gerne mit besseren Drehbüchern gearbeitet.

Senta Berger: Stationen einer Karriere

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1 von 15Foto: La Sept ARTE27.03.2012 11:18Die junge Senta Berger in der Rolle von Giulietta Cavamacchia. Geboren wurde die berühmte Schauspielerin am 13. Mai 1941 in Wien.Zurück

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Sie meinen Ihre Anfangsjahre in Berlin, von 1960 bis 1963. Da haben Sie für Artur Brauners CCC Film und für die UFA gedreht.
Das waren meine Lern- und Wanderjahre, ich will sie nicht missen. Ich habe halt die Filme gemacht, die damals gemacht wurden, von der kleinen Verwechslungskomödie mit Günther Pfitzmann über Edgar Wallace bis zu „Es muss nicht immer Kaviar sein“. Nicht alle Produktionen waren, sagen wir mal, anspruchsvoll.

Schämen Sie sich?

Warum sollte ich? Nein, diese Filme waren Ausdruck ihrer Zeit, und die Machart entsprach dem technischen Stand. Alleine diese riesigen Scheinwerfer. Die meisten Einstellungen wurden in der Totalen gedreht, denn das war das Billigste. Und wir mussten alle künstlich laut sprechen, damit das Mikrofon alles einfangen konnte.

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  • "Es ist ein Dialog mit mir selbst, wenn ich mit meinen Pflanzen spreche"

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Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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