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40 statt 30 Unternehmen : Was die Dax-Ausweitung für Anleger bedeutet

Der Leitindex Dax wächst von 30 auf 40 Werte. Firmen wie Symrise und Zalando können nun auf den Aufstieg hoffen. Eine Analyse

40 statt 30 Unternehmen : Was die Dax-Ausweitung für Anleger bedeutet

An der Börse steht der Dax als deutscher Leitindex stets im Fokus.Foto: REUTERS

Der Dax wird breiter aufgestellt: Von September 2021 an werden zehn weitere deutsche Aktiengesellschaften in die höchste Börsenliga aufrücken. Der führende deutsche Aktienindex wird dann nicht mehr 30, sondern 40 Mitglieder haben. In einer Reaktion auf den Skandal rund um das Finanzunternehmen Wirecard und seinen mutmaßlichen Bilanzbetrug verschärft die deutsche Börse gleichzeitig die Qualitätskriterien der erste Börsenliga.

Wer in den Dax will, muss – und dies gilt ab sofort – in den zwei Jahren zuvor ein positives operatives Ergebnis vorweisen können. Gemessen wird dies am sogenannten Ebitda: dem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Ein Unternehmen wie der Berliner Essenlieferant Delivery Hero, das keine Gewinne schreibt, wäre nach den neuen Regeln nicht in den Dax gekommen. Es darf aber im Dax bleiben, denn das Regelwerk gilt nur für Dax-Anwärter, nicht für Unternehmen, die bereits im Index sind.

Die Börse reagiert damit auf den Wirecard-Skandal

Damit sich der Fall Wirecard nicht wiederholt und kein Dax-Unternehmen die Vorlage von Geschäftszahlen verschieben oder einen Geschäftsbericht zurücknehmen kann, sind testierte Quartalszahlen und Geschäftsberichte ab März 2021 nicht nur Pflicht, sondern auch mit Konsequenzen bewehrt: Wer sich nicht daran hält, fliegt nach einer 30-tägigen Warnfrist unmittelbar und automatisch aus dem Dax.

Außerdem macht die Börse eine weitere Kontrollinstanz zur Pflicht: Wer im Dax Mitglied sein möchte, muss dem Aufsichtsrats einen Prüfungsausschuss beiordnen, der speziell die Bilanz überprüfen soll.

40 statt 30 Unternehmen : Was die Dax-Ausweitung für Anleger bedeutet

So etwas wie bei Wirecard soll sich nicht noch einmal wiederholen.Foto: dpa

Und: Künftig entscheidet nur der Börsenwert über die Aufnahme. Das Kriterium Börsenumsatz entfällt. Es ist damit also nur noch entscheidend, wie viel der Konzern in den Augen der Anleger wert ist – nicht mehr, wie häufig die Aktien den Besitzer wechseln. Um Anlegern dennoch Handelbarkeit zuzusichern, ist eine „Mindestliquidität“ grundsätzliche Voraussetzung für die Aufnahme in den Dax. Der Börsenumsatz muss dabei mindestens eine Milliarde Euro oder 20 Prozent des handelbaren Börsenwerts pro Jahr betragen.

Der Dax 40 werde die deutsche Wirtschaft künftig besser abbilden, heißt es bei der deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Eine Clusterbildung wird damit zumindest erschwert“, so DSW-Sprecher Jürgen Kurz. Es wird also weniger wahrscheinlich, dass eine Branche überproportional im Dax vertreten ist. Bislang machen die drei Autowerte VW, Daimler und BMW zehn Prozent der Aktien aus – künftig werden es dann nur noch 7,5 Prozent sein. Auch die Dominanz von SAP wird leicht gedeckelt: Aktuell repräsentiert der Softwarehersteller mit seinem Börsenwert von gut 121 Milliarden Euro gut zehn Prozent des Dax.

Welche Unternehmen bald aufsteigen

Die Dax-Neulinge werden eher kleinere Lichter sein. So hat beispielsweise die Düsseldorfer LEG Immobilien AG, einer der möglichen Kandidaten, derzeit einen für die Indexzugehörigkeit relevanten Börsenwert von knapp über sechs Milliarden Euro. Die Hannover Rück, ebenfalls ein Aspirant und zweitgrößter Rückversicherer Deutschlands nach der Munich Re, kommt auf gerade einmal 6,9 Milliarden Euro. Dies hat auch damit zu tun, dass bei der Berücksichtigung für den Dax nicht der Börsenwert insgesamt, sondern der sogenannte Freefloat eine Rolle spielt: Aktien, die nicht von Großinvestoren gehalten werden. Bei der Hannover Rück liegt der Anteil dieses Streubesitzes bei 40 Prozent. Selbst Symrise, nach Airbus zweitschwerster Wert im M-Dax und wohl ein sicherer Kandidat für den künftigen Dax, kommt nur auf einen Freefloat-Marktwert von 8,7 Milliarden Euro. Bei SAP liegt dieser Wert bei 98 Milliarden.

40 statt 30 Unternehmen : Was die Dax-Ausweitung für Anleger bedeutet

Der Dufthersteller Symrise gilt als ein Favorit für den Dax-Aufstieg.Foto: dpa

Nach der Ende Oktober von Qontigo, dem Index-Betreiber der deutschen Börse, herausgegebenen Reihung der Marktkapitalisierung wären neben dem Duft- und Geschmacksstoff-Riesen Symrise, LEG Immobilien und der Hannover Rück auch Zalando, der Pharma- und Laborzulieferer Sartorius, der Weltmarktführer im Chemiehandel Brenntag, der Pharmazulieferer Qiagen, Siemens Healthineers, vielleicht auch Siemens Energy oder Knorr Bremse im Dax. Puma, Teamviewer, Kion und Bechtle könnten sich zumindest Chancen ausrechnen.

Damit würde der Gesundheits- und Pharma-Anteil am Dax steigen, auch Immobilien hätten ein leicht größeres Gewicht. HelloFresh, Coronagewinner und vom Börsenwert inzwischen auf Rang 40, wird dem Dax nach seinem Umbau sicher nicht angehören, unabhängig von seiner Kursentwicklung. Denn der Essenslieferant schreibt keine Gewinne. Ob Airbus, die mit großem Abstand schwerste Aktie im M-Dax mit einem Börsenwert von 70 Milliarden Euro (51 Milliarden nach Freefloat) und auch im französischen Leitindex CAC40 vertreten, dem Dax zu seinem Neustart als Familie der 40 größten börsennotierten Unternehmen angehören wird, hängt wohl davon ab, wie schwer die Coronakrise den Konzern trifft. Einen Verlust darf Airbus dafür nämlich nicht machen.

Noch-Dax-Mitglieder wie der Kunststoff-Hersteller Covestro, die gemessen an ihrer Marktkapitalisierung derzeit nicht mehr zu den 30 größten Papieren gehören, allerdings dank hoher Umsätze zur Börsen-Bundesliga zählen, müssen um ihren Platz bangen. Derzeit liegt der Freefloat-Börsenwert nur noch bei sechs Milliarden Euro. Ende Oktober bedeutete dies Rang 38.

Zittern müssen die Wackelkandidaten künftig auch nicht nur einmal, sondern zweimal pro Jahr: Eine Hauptüberprüfung wird es künftig nicht nur im September, sondern zusätzlich im März geben. Auch ein Fast Exit oder Fast Entry, also ein außertourlicher schneller Auf- und Abstieg , wird weiter möglich sein

Was Experten sagen

Mit der Aufstockung der Mitglieder und dem Verzicht auf das Kriterium Börsenumsatz nähere sich der Dax internationalen Gepflogenheiten an, sagt Andreas von Brevern, Sprecher der Deutschen Börse. Auch in der großen Familie der Stoxx-Indizes sei nur der Börsenwert entscheidend. Insgesamt werde der Dax dann etwa acht Prozent mehr Börsenwert auf die Waage bringen als bisher. Umgekehrt werde der M-Dax, der wieder von 60 auf 50 Mitglieder abschmilzt, ein Drittel seines Wertes verlieren, weil eben die schweren Aktien in den Dax aufsteigen.

Die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz sieht die neuen Regeln insgesamt positiv. Der Leitindex werde noch stärker in den Fokus rücken und sei ein ausgewogenerer Spiegel der deutschen Wirtschaft. Damit könnte der Dax auch in etwas gemächlicheres Fahrwasser kommen, vermutet Kurz. Insgesamt bleibe der Dax jedoch „ein Sonderling“, vor allem, weil er als einziges der großen Börsenbarometer weltweit die Dividenden einrechne. Damit steige seine Performance optisch, aber vergleichen können man ihn eben nicht mit dem Rest der Index-Welt.

Kritisch sieht Kurz die Folgen für den M-Dax der mittelgroßen Unternehmen in Deutschland. Deutsche Nebenwerte würde aus dem Fokus manchen internationalen Anlegers verschwinden und insgesamt weniger wahrgenommen, vermutet die DSW. Als Anleger müsse man überlegen, ob eine Investition in den M-Dax angesichts der massiven Veränderungen noch zu den Anlagezielen passe.

Von gezielten Käufen potenzieller Dax-Kandidaten zur Spekulation auf die Aufnahme im Leitindex rät die DSW ab. Die Statistik habe gezeigt, dass Kandidaten davon nur zeitweise profitieren könnten, sich nach der Aufnahme oft schlechter entwickelten als andere Papiere.

Nicht umgesetzt hat die deutsche Börse bei ihrer Dax-Reform eine Forderung, die im Vorfeld für kontroverse Diskussion gesorgt hatte. Besondere Ethik-Kriterien werden bei der Zusammensetzung des Dax auch künftig keine Rolle spielen. So wurde ein Verbot von Unternehmen, die „kontroverse Waffen“ herstellen oder Hersteller solcher Waffen beliefern, von der Börse verworfen. Anlegerschützer Kurs hält diese Entscheidung für richtig. „Die Börse ist ein Marktplatz, kein politischer Taktgeber“, sagt Kurz. Sie solle schlicht Unternehmen abbilden, die legal produzieren oder zuliefern. Der Anleger könne auch selbst steuern, ob er solche Firmen kaufen wolle oder nicht. Wem ethische Kriterien wichtig sind, der könne schließlich auch schon jetzt auf den nachhaltigen Dax, den Dax 50 ESG, ausweichen.

Eine Quelle: www.tagesspiegel.de

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